Strategischer Dialog kann Modell sein für europäische Zusammenarbeit

Lubomír Zaorálek (Foto: ČTK)

Der Strategische Dialog soll die bilateralen Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland weiter dynamisieren. Er wurde vor anderthalb Jahren aufgenommen, nachdem die Außenminister beider Länder, Lubomir Zaorálek (ČSSD) und Frank-Walter Steinmeier (SPD), am 3. Juli 2015 eine Gemeinsame Erklärung unterzeichnet hatten. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum der Deutsch-Tschechischen Erklärung wurde nun auch eine erste Evaluierung des Dialogs vorgenommen.

Lubomír Zaorálek  (Foto: ČTK)
Bei seiner Bewertung des Strategischen Dialogs erinnerte Tschechiens Außenminister Lubomír Zaorálek zunächst daran, dass er von Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) initiiert wurde. Der Sinn des Dialogs sei es ursprünglich gewesen, auch Raum zu schaffen für eine Zusammenarbeit der einzelnen Ressorts. Doch alsbald zeigte sich, dass er ebenso eine Plattform sei, um über sensible und komplizierte Themen zu sprechen. Deshalb habe der Dialog bereits ganz neue Wege aufgezeigt, bedeutete Zaorálek:

„Ich sehe es so, dass wir mit dem Strategischen Dialog einen großen Schritt getan haben, um die bilaterale Zusammenarbeit auf eine neue Ebene zu heben. Für mich ist diese Form der Kooperation auch eine Art Modell für die europäische Zusammenarbeit. Ein Modell, das als Beispiel dienen kann, wie wir die Integration im heutigen Europa aufrechterhalten können.“

Christian Schmidt  (Foto: ČTK)
Für die deutsche Seite hat der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, den Dialog bewertet. Neben dem Zukunftsfonds und dem Gesprächsforum, die beide Länder kurz nach Unterzeichnung der Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1997 ins Leben riefen, bilde der Dialog mittlerweile die dritte tragende Säule in den bilateralen Beziehungen. Und sein Nutzen gehe bereits über den Austausch zwischen den beiden Regierungen hinaus, sagte Schmidt:

„Daraus ist ein Bürgerdialog geworden. Und nachdem wir vor 1990 aus einer Zeit der überwiegenden Sprachlosigkeit gekommen waren, war es notwendig, besonders gut und intensiv miteinander zu reden. Wir haben das erreicht.“

Foto: Dragan Tatic,  CC BY 2.0
Dank des Dialogs habe man zu zahlreichen Themen strategische Übereinstimmungen gefunden, bemerkte Schmidt. Jetzt müsse und werde man dazu die entsprechenden Detaillösungen suchen. Selbst bei Fragen sei das möglich, zu denen man unterschiedliche Grundauffassungen habe. Dazu gehört die Migration in Europa. Hierbei hätten beide Länder erkannt, dass die Fluchtursachenbekämpfung ein ganz wesentlicher Teil der europäischen Politik sein müsse. Deutschland und Tschechien haben daher eine gemeinsame Initiative zur finanziellen Unterstützung eines humanitären Projekts in Jordanien gestartet, informierte Schmidt und ergänzte:

„Die Regierungen beider Länder sind konfrontiert mit der Situation, dass der große Zustrom nach Europa zum Teil mit nicht gerechtfertigten Fluchtgründen besteht. Deswegen muss es aus unserer Sicht ein Interesse geben, dass wir die Außengrenzen stärken und dass wir das Grenzmanagement innerhalb der Europäischen Union verbessern. Wir werden daher hier und dort auch an den Binnengrenzen der Union ein Kontrollregime haben. Es ist jedoch ganz wichtig, dass wir uns gemeinsam darauf einigen, dass derjenige, der nach Europa kommen will, auch kontrolliert und registriert wird. Erst dann wird entschieden, ob er hereinkommen kann oder nicht.“

Foto: UNmigration via Foter.com / CC BY-NC-ND
Für ihn sei gerade die Migrationskrise ein deutliches Beispiel dafür, wie gut der Strategische Dialog funktioniere, betonte Zaorálek. Trotz der unterschiedlichen Ansichten in dieser Frage habe man sehr schnell erörtert, wo es gemeinsame Schnittpunkte gibt, um das Problem zu lösen. Und so resümierte der tschechische Chefdiplomat:

„Gutnachbarschaftliche Beziehungen bedeuten ja nicht, dass man zu allem einer Meinung sein muss. Aber man muss fähig und bereit sein, miteinander über alles zu sprechen.“