Regierung boxt dritten Haushaltsnachtrag durch – Opposition kritisiert fehlende Einsparungen

Abgeordnetenhaus (Foto: ČT24)

Nun ist es also doch passiert: Das Abgeordnetenhaus hat am Mittwoch in dritter Lesung einen weiteren Nachtragshaushalt für das laufende Jahr verabschiedet. Mit den Stimmen der Regierungsparteien Ano und Sozialdemokraten sowie der Kommunisten, die das Minderheitskabinett tolerieren, wurde ein Defizit von 500 Milliarden Kronen (18,8 Milliarden Euro) bewilligt. Das ist eine neue Rekordsumme, über die im Unterhaus entsprechend debattiert wurde.

Alena Schillerová  (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)

„Ich stimme zu, dass wir sparen müssen. Ich habe dies in den Etats der Jahre 2019 und 2020 getan. Aber ich werde es nicht tun in dem Augenblick, in dem wir vor der tiefsten Rezession unseres Landes stehen.“

Mit diesen Worten warb Finanzministerin Alena Schillerová (parteilos) am Mittwoch für den erneuten Nachtragshaushalt. Die Wirtschaft, Unternehmen wie auch Beschäftigte, bräuchten einfach Geld vom Staat, um die noch nicht vollends abzuschätzenden Auswirkungen der Corona-Krise zu meistern, so die Ressortchefin. Die Piraten, die konservative Top 09 und die Rechtsaußen-Partei SPD aber werfen der Regierung vor, sich nicht ernsthaft auch um Einsparungen zu bemühen. Zum Beispiel bei den Betriebskosten des Staates. Darüber sprach unter anderem der Piraten-Abgeordnete Mikuláš Ferjenčík:

Mikuláš Ferjenčík  (Foto: Jana Přinosilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

„Einsparungen sind am Platz – zum Beispiel im Bereich Marketing. Millionen von Kronen für eine gute PR (Public Relation) werden von Ämtern und Institutionen ausgegeben, obwohl dies gar nicht nötig wäre. Dass die Regierung solche Sparmöglichkeiten nicht in Betracht gezogen hat, ist für uns unverständlich. Aus diesem Grund schlage ich eine Reduzierung des Haushaltslochs in drei Varianten vor: und zwar um 11 Milliarden Kronen, 16 Milliarden Kronen oder 25 Milliarden Kronen.“

Nichts von dem fand jedoch den Zuspruch der Mehrheit unter den Abgeordneten. Erneut stützte sich das Minderheitskabinett auf die Hilfe der Kommunisten. Letztere nutzten dies, um mit zwei Änderungsvorschlägen bei mehreren Bevölkerungsschichten zu punkten. So wurden unter anderem Prämien für Ärzte und weiteres Personal im Gesundheitswesen bewilligt, genauso wie weitere Millionen für die Beschäftigten in Kinderheimen oder die Sozialarbeiter in den Gemeinden. Finanzministerin Schillerová sagte dazu:

Foto: Miloslav Hamřík,  Pixabay / CC0

„Ich nehme an, dass mit der Bewilligung dieser Änderungsanträge ein wesentlicher Teil der Einwände gegen den Regierungsentwurf hinfällig geworden ist.“

Den dritten Änderungsvorschlag, der auf der Sitzung des Abgeordnetenhauses mehrheitlich Zustimmung fand, legte Premier Andrej Babiš (Ano) höchst selbst vor. Danach soll beispielsweise die ursprünglich angedachte Staatsreserve um 100 Milliarden Kronen gesenkt werden, das Geld wird stattdessen für einige der Regierungsmaßnahmen genutzt. Des Weiteren erklärte Babiš:

„200 Milliarden Kronen an Investitionen im Jahr 2020, solch eine Summe hat es noch nie gegeben. Das ist der Haushalt, der eine hohe Beschäftigung aufrecht erhält, Investitionen unterstützt und vorteilhaft ist für alle Bürger unseres Landes. Von daher hoffe ich, dass er bis zum Ende des Jahres auch Bestand hat und wir keinen Nachtrag mehr beantragen müssen.“

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)

Die Opposition aber hält nichts von diesen vollmundigen Versprechungen. Miroslav Kalousek ist der Fraktionschef der Top 09. Seiner Meinung nach ist der Haushalt für dieses Jahr von der Regierung schlecht vorbereitet worden. Zudem steige das Defizit auch durch Investitionen, die mit den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie nicht zusammenhingen, so Kalousek:

„Das sind beispielsweise die Posten für die Eindämmung der Borkenkäfer-Plage, den Kampf gegen die Trockenheit und das Entlassungsgeld für Polizisten. Wir können uns dieses Jahr zweifellos ein Defizit von einer halben Billion Kronen leisten, aber sicher keine weiteren 100 Milliarden an Minusbeträgen in den kommenden Jahren. Denn dies würde bedeuten, unsere Zukunft zu untergraben.“

Der am Mittwoch gebilligte Haushaltsnachtrag ist bereits der dritte in diesem Jahr. Das bisher höchste Defizit in der Geschichte des tschechischen Staates hatte der Haushalt des Jahres 2009: Wegen der damaligen weltweiten Wirtschaftskrise lag es bei 192 Milliarden Kronen (7,2 Milliarden Euro).