Tschechien hat neuen Plan für Suizidprävention

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In Tschechien sterben alljährlich rund 1300 Menschen durch Suizid. Der Regierungsrat für geistige Gesundheit hat nun einen Plan gebilligt, mit dem möglichst viele Selbstmorde verhindert werden sollen.

Tschechien will die Zahl der Suizide reduzieren. Im Vergleich mit anderen Staaten liegt diese nämlich überdurchschnittlich hoch. Nach Angaben der WHO belegte Tschechien bei der Häufigkeit an Selbstmorden im Jahr 2017 nur Platz 120 von insgesamt 183 Staaten. Durch den neuen Plan für eine Suizidprävention sollen Zahlen in den kommenden zehn Jahren um 30 Prozent reduziert werden.

Das „Institut für geistige Gesundheit“ hat nun die Ergebnisse einer Studie vorgelegt, die im Mai durchgeführt wurde. Aus dieser folgt, dass das Suizid-Risiko zur Zeit der Corona-Krise gestiegen ist. Der Student Martin ist 23 Jahre alt. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk beschrieb er  seinen psychischen Zustand:

„Am Anfang war mir nicht ganz klar, was mit mir geschieht. Ich dachte, es wird von kurzer Dauer sein. Infolge der Quarantäne durfte ich nicht einmal zur Arbeit oder zur Schule rausgehen. Dadurch wurde meine tägliche Routine zerstört. Ich ging später ins Bett, konnte in der Nacht nicht schlafen, habe Angst und Beklemmung sowie negative Gefühle gespürt. Ich hatte keine Energie mehr, etwas zu tun.“

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Martin war mit seinen Gefühlen nicht allein. Etwa ein Drittel der Anrufe bei der Krisen-Hotline 1212 betrafen psychische Probleme. Bei der Krisen-Hotline für Senioren verdreifachte sich die Zahl solcher Anrufe sogar. Kateřina Bohatá leitet das Seniorenzentrum Elpida:

„Die Menschen berichteten, dass sich ihr psychischer Zustand wesentlich verschlechtert hat. Sie hatten psychische Probleme, Schlafstörungen. Manche haben deswegen zu Alkohol gegriffen.“

Das Suizid-Risiko stieg zur Zeit der Corona-Krise um ein Drittel an. Und für den Herbst erwarten die Ärzte eine weitere Verschlechterung. Doch die Zahl der Suizide liegt in Tschechien schon länger vergleichsweise hoch. Am häufigsten sind es Senioren und junge Menschen bis 24 Jahre – und Männer häufiger als Frauen. Alexandr Kasal koordiniert den nationalen Plan für Suizid-Prävention. Er hält eine Aufklärung und Ausbildung der breiten Öffentlichkeit, insbesondere aber von Lehrern, Journalisten und praktischen Ärzten für wichtig:

„Ein weiterer wichtiger Partner sind die Apotheker. Sie können eingreifen, wenn sie bestimmte Warnsignale erkennen und wenn jemand eine größere Menge eines Medikaments bestellt, das missbraucht werden kann.“

Zudem soll der freie Verkauf von einigen Medikamenten eingeschränkt werden. Die Einnahme einer Überdosis an Arzneimitteln ist nämlich eine der häufigsten Suizid-Methoden. Der Plan rechnet auch mit einer besseren Absicherung von Bahnstrecken, sagt Kasal:

„Die Prävention beruht im Aufbau von Barrieren. Zudem werden aber auch etwa Schilder mit Kontakten zur Krisenhilfe an den Bahnstrecken installiert. Diese könnten Menschen helfen, die noch nicht vollständig zum Selbstmord entschieden sind.“

In jedem der vierzehn Kreise Tschechiens soll zudem ein Krisenzentrum errichtet werden. Derzeit gebe es nur fünf solcher Zentren republikweit, sagt Marie Salamonová von der Hilfsorganisation Nevypusť duši (auf Deutsch Gib den Geist nicht auf):

„Die Krisenhilfe muss zugänglicher sein. Das ist die Grundlage. Und die Hilfszentren dürfen zur Zeit der Corona-Krise nicht schließen. Derzeit gibt es zwei Zentren in Prag, eines in Brünn, eines in Ostrau und eines in Trutnov. Alle hatten während der Corona-Krise ihre stationären Abteilungen geschlossen.“

Die Erfüllung der Ziele des Plans zur Suizid-Prävention soll vom Rat für geistige Gesundheit mit Premier Andrej Babiš (Ano) an der Spitze kontrolliert werden. Das soll auch die Kooperation unterschiedlicher Ministerien sichern. Insgesamt 800 Millionen Kronen (rund 30 Millionen Euro) will der Staat in die Maßnahmen investieren.