Josef Mánes: Gründer und Klassiker der tschechischen modernen Kunst

Josef Mánes (Foto: Chabe01, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Auf diesen Dienstag fällt der 200. Geburtstag von Josef Mánes. Der Maler gehörte zu den größten Talenten der tschechischen Kunst im 19. Jahrhundert. Sein Schaffen umfasst die gesamte Palette der Malerei, angefangen von historischen Themen über religiöse Szenen, ethnografische Themen, Landschaftsbilder, bis hin zu Blumen oder Porträts. Er ist der erste tschechische Maler des 19. Jahrhunderts, der ein Werk mit rein nationalem Inhalt und Charakter geschaffen hat.

Josef Mánes  (Foto: Dana Martinová)
Josef Mánes wurde am 12. Mai 1820 in Prag in eine berühmte Malerfamilie geboren. Diese Familie war ein Phänomen, das bis heute hierzulande seinesgleichen sucht. Gleich fünf ihrer Angehörigen sind sehr nachhaltig in die Geschichte der tschechischen Kunstgeschichte eingegangen. Vater Antonín Mánes war ein Landschaftsmaler, Josefs Onkel Václav widmete sich der figürlichen Malerei vor allem zu religiösen Themen. Von seinem Aufenthalt in Rom brachte Václav dabei den romantisch-religiösen Stil der Nazarener mit nach Prag. Ein begabter Maler war auch Josefs jüngerer Bruder Quido, der in die tschechische Malerei eine neue Richtung der Malerei einbrachte – und zwar Genreszenen aus der Epoche des Biedermeier. Ein ebenso talentiertes Familienmitglied war Josefs Schwester Amálie. Sie war eine Landschaftsmalerin, die aristokratischen und bürgerlichen Kindern Privatstunden gab. Außerdem übernahm sie alle häuslichen Aufgaben in der Familie. Als berühmtestes Mitglied der sehr verzweigten Familie Mánes aber entpuppte sich schließlich Josef. Über die Anfänge seiner künstlerischen Tätigkeit und den Charakter seiner Malerei sagte der Kunsthistoriker Petr Kubík von der Prager Galerie Kodl:

„Josef Mánes begann schon mit 15 Jahren an der Akademie der bildenden Künste in Prag zu studieren. Als Professoren waren sowohl sein Onkel Václav als auch sein Vater Antonín an dieser Einrichtung tätig. Josef war ein Schüler des anerkannten Porträtmalers und Akademie-Direktors František Tkadlík, der ihn lehrte, einer streng klassizistischen Form zu folgen. Diese Art der Malerei stand Mánes nahe, und sie wurde auch zur Basis seines eigenen Porträtschaffens. Gleichzeitig studierte er bei seinem Onkel Václav, der seine figürliche Malerei weiterbrachte. Nach dem Tod von Tkadlík im Jahr 1840 wurde er ein Schüler des Malers Christian Ruben. Josef Mánes nahm bereits während seines Studiums aktiv an den jährlichen Ausstellungen des Kunstvereins für Böhmen teil. Im Laufe seines Lebens unternahm Josef Mánes eine Reihe von Studienreisen sowohl ins Ausland als auch durch Böhmen und Mähren. Bereits 1842 reiste er beispielsweise nach Dresden, 1844 nach München, wo er drei Jahre im Selbststudium verbrachte. In der bayerischen Stadt lernte er das Werk des romantischen Malers Peter von Cornelius kennen, was seinen Stil und seine künstlerische Gestaltung wesentlich beeinflusste. Josef Mánes‘ Ausbildung war daher akademisch, ergänzt durch ein Selbststudium auf seinen Reisen.“

Freundschaft mit Graf Silva-Tarrouca

Schloss Čechy pod Kosířem  (Foto: Jan Kameníček,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
Wendepunkt für Josef Mánes und seine Arbeit in den folgenden Jahren war das Jahr 1849, als er lange Zeit auf Schloss Čechy pod Kosířem verbrachte. Diese Adelsresidenz in Mittelmähren gehörte dem Mäzen und Kunstliebhaber Graf Bedřich Silva-Tarrouca. Er und Josef Mánes lernten sich während ihres Studiums kennen und wurden Freunde. Der Graf lud den Maler innerhalb von 20 Jahren sehr oft und regelmäßig auf seine Residenz ein. Mánes schöpfte dort neue Ideen, inspiriert vom Leben auf dem Schloss. Er malte nun auch Genreszenen der leichteren Art, die typisch waren für das sogenannte zweite Rokoko. Diese Periode war geprägt von einer Art Leichtigkeit des männlichen Seins, von Verspieltheit, Zärtlichkeit und Idylle.

„Als Hauptwerk vertraute ihm Graf Silva-Tarrouca die Familiengalerie an. Das hieß, dass Josef Mánes nach und nach alle Mitglieder der Grafenfamilie porträtierte. Er malte oft auch Kinder, und eines seiner besten Werke, das hier geschaffen wurde, ist eine Serie von 15 Aquarellen mit Kindermotiven namens ‚Das Leben auf dem Herrschersitz‘. Für Josef Mánes waren die Aufenthalte auf dem Schloss eine Art Zuflucht – er fand hier seinen ersehnten inneren Frieden, besonders nach der erzwungenen Trennung von der Liebe seines Lebens. Gleichzeitig ermöglichten sie ihm eine gewisse finanzielle Stabilität, da er nur sehr wenig öffentliche Aufträge hatte. Die langjährigen Kontakte zu Graf Silva-Tarrouca und die Besuche auf dessen Anwesen in der Haná-Ebene waren daher für ihn von grundlegender Bedeutung.“

Mánes inspiriert von Folklore und Landleben

Quelle: Wikimedia Commons,  CC0
Josef Mánes hat sich als einer der ersten tschechischen Maler systematisch mit Folklore befasst. Während seiner Aufenthalte auf Schloss Čechy pod Kosířem ging er öfters in die Landschaft hinaus, wo er in den Bann der Trachten, der kostümierten Frauen und Männer und der dörflichen Atmosphäre geriet. Sein Interesse an der Volkskultur spiegelte sich in einer Reihe von Studien wider, die letztlich seinem starken nationalen Bewusstsein und Patriotismus entsprachen.

„Josef Mánes und seine ganze Familie sind dafür bekannt, dass sie alle sehr nationalbewusst waren und sich in das öffentliche Leben eingeschaltet haben. Im Jahr 1848 wurde Josef Mitglied im Verein bildender Künstler. Er wirkte ebenso mit bei der Gründung des tschechischen Kunstvereins im Jahr 1863, in dem er der erste Vorsitzende des Komitees für Bildende Kunst wurde. Gleichzeitig war er Mitglied des Sokol-Turnvereins, dem er eigentlich mit auf die Beine half: Er malte die Sokol-Fahne und entwarf die Turnkleidung des Vereins. Als 1848 der Kremsierer Reichstag einberufen wurde, wurde er aufgefordert, dort die Porträts der tschechischen Abgeordneten zu malen. Diese Porträts wurden dann lithografisch reproduziert und weithin bekannt, so dass auch hier die öffentliche Tätigkeit von Josef Mánes von wesentlicher Bedeutung war.“

Astronomische Uhr am Turm des Alten Rathauses in Prag  (Foto: Dana Martinová)
Eine weitere wichtige Zeit für Josef Mánes waren die 1860er Jahre. Damals erhielt er den Auftrag, eine Kalendertafel zu erstellen, die zu einem Bestandteil der astronomischen Uhr am Turm des Alten Rathauses in Prag wurde. Obwohl dies eine Arbeit war, auf die er sein ganzes Leben lang gewartet hatte und die bis heute noch jeden Tag von Tausenden von Menschen bewundert wird, hat ihm der Auftrag nicht viel Glück gebracht. Petr Kubík erläutert:

„Wie ich bereits angedeutet habe, war Josef Mánes ein Künstler, der trotz seiner hohen Qualitäten leider nicht viele öffentliche Aufträge hatte. Als das Alte Rathaus und damit auch die Astronomische Uhr um die Mitte des 19. Jahrhunderts restauriert wurden, vertraute man ihm auf Drängen eines der Stadträte die Dekoration des Kalenderziffernblattes an, also des unbeweglichen unteren Teils der Astronomischen Uhr. Es wird erzählt, dass er eine ganze Reihe von Scherereien hatte, weil der Stadtrat so viel wie möglich bei seiner Arbeit sparen wollte. Das Ziffernblatt besteht aus mehreren Teilen. Am interessantesten ist der äußere Kalenderzyklus mit zwölf Kreisen, in denen Szenen mit arbeitenden Menschen auf dem Land im jeweiligen Monat des Jahres dargestellt sind. Mánes nutzte für den landschaftlichen Hintergrund bestimmte Motive aus Böhmen wie unter anderem den Bösigberg (Bezděz), den Sankt Georgsberg (Říp) und das Böhmische Mittelgebirge. Es ist also eine Art Manifest, mit dem Mánes der böhmischen Landschaft und ihren Dorfbewohnern seine Ehre erweisen wollte. Das waren damals sehr beliebte Themen.“

Krankheiten trüben letzte Lebensjahre von Mánes

Geburtshaus Mánes in Prag  (Foto: Dana Martinová)
An der feierlichen Enthüllung des Kalenderziffernblattes im Jahr 1866 nahm ihr Schöpfer wegen einer Erkrankung nicht teil. Schon bald tauchten erste Meinungen auf, dass es eine Schande sei, solch eine großartige Arbeit dem Wetter auszusetzen. Und so wurde eine Kopie angefertigt und das ursprüngliche Ziffernblatt ins Stadtmuseum gebracht. Josef Mánes erlebte dies nicht mehr, da sich sein Gesundheitszustand in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre stark verschlechterte. Der schüchterne, sensible Künstler ertrug es nur schwer, wenn seine Arbeit missverstanden wurde. Besonders litt Josef jedoch darunter, dass sich seine Schwester Amálie sogar in sein Liebesleben einmischte. Petr Kubík:

„Die ganze Familie Mánes lebte sehr eng miteinander. Den Haushalt aber führte Josefs Schwester Amálie, und zwar sehr autoritär. Sie verletzte Josefs Seele schwer, als sie die Dienstmagd Františka Šťovíčková, von der Josef ein Kind erwartete, ziemlich hart aus dem Hause vertrieb. Sie verbot Josef, mit ihr in Kontakt zu bleiben. Die letzten fünf Lebensjahre des Malers waren von leidvollen Krankheiten geprägt. 1866 zeigte er Symptome einer fortschreitenden Lähmung, die durch eine seltene Form der Syphilis verursacht worden sein soll. Zudem war davon die Rede, dass Mánes auch an Tuberkulose erkrankt war. Auf jeden Fall wurde aus dem Künstler, der eigentlich ziemlich elegant, gebildet, weltlich und gewissermaßen ein tschechischer Dandy war, ein nachdenklicher und gebrochener Mann. Es ist traurig, dass dieser so intellektuelle und künstlerisch veranlagte Maler durch seine Krankheiten so sehr zerstört wurde.“

Porträt von Frau Kleblatová in der Kodl-Galerie  (Foto: Dana Martinová)
Die Werke von Josef Mánes befinden sich zum Großteil in der Prager Nationalgalerie. Sicher würden sie sich auch in Privatsammlungen wiederfinden, wenn sie auf dem Kunstmarkt angeboten würden. Doch dies geschieht äußerst selten. Zu einem solchen Fall kommt es aber im Herbst bei einer Auktion der Galerie Kodl, wie Petr Kubík zu berichten weiß:

„Das Werk von Josef Mánes ist nicht nur an sich, sondern auch mit Blick auf den Kunstmarkt sehr selten. Aktuell freuen wir uns hier in der Kodl-Galerie sehr darüber, eine wunderbare Arbeit von Josef Mánes in naher Zukunft in unseren Räumlichkeiten präsentieren zu können. Es ist das sehr hochwertige Porträt einer gutbürgerlichen Dame, konkret von Frau Kleblatová, aus dem Jahr 1851. Dieses Werk gehört somit zur fruchtbarsten und stärksten Schaffensperiode von Mánes. Es ist also ein Feiertag nicht nur für uns, sondern für alle Kunstliebhaber. Denn die Möglichkeit, ein bisher unbekanntes Werk zu sehen, das darüber hinaus noch auf dem Kunstmarkt erhältlich ist, bietet sich grundsätzlich nicht mehr als einmal in 30 Jahren.“