Frauen auf dem Arbeitsmarkt

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Der Arbeitsmarkt in Tschechien ist in mancher Hinsicht für Frauen ziemlich unfair. Es gibt nach wie vor große Unterschiede zwischen den Einkommen von Frauen und Männern. Das geschlechtsspezifische Lohngefälle ist hierzulande eines der größten in der Europäischen Union. Und auch sonst werden Frauen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt.

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Die Arbeit steht für die meisten Frauen in Tschechien an zweiter Stelle im Leben. Dadurch unterscheiden sie sich nicht von den Männern. Die wichtigste Priorität – egal ob für Mann oder Frau – ist die Familie. Das hat eine Studie gezeigt, die im Auftrag der tschechischen Regierung durchgeführt wurde. Die Arbeit gilt für Frauen als die wichtigste Einnahmequelle, um die Familie, den Haushalt und ihre eigene Unabhängigkeit abzusichern. Zudem ist ihnen ihre Beschäftigung wichtig, und sie halten sie häufig auch für interessant.

Zugleich geht es ihnen in der Arbeit lange nicht so gut wie ihren männlichen Kollegen. Frauen sind oft für ihren Job überqualifiziert, trotzdem verdienen häufig weniger als die Männer.

Michaela arbeitet als Event-Managerin bei einer Firma in Mittelböhmen. Sie sieht nicht in der Entlohnung, sondern im Status der Frauen auf dem Arbeitsmarkt das größte Problem. Dieses zeige sich vor allem bei der Suche nach einer Beschäftigung:

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„Wenn sich eine Frau und ein Mann um eine Position in einer Firma bewerben, wird der Mann höchstwahrscheinlich bevorzugt.“

Diskriminierung bei der Jobsuche

Michaela beschreibt ihre eigene Erfahrung bei der Jobsuche:

„Es war vor etwa zwei Jahren. Ich habe mich auf eine Stelle als Office-Managerin beworben. Nach dem Bewerbungsverfahren wurde mir aufrichtig gesagt, dass ich zwar mehr Erfahrungen habe und als Kandidatin besser gewesen sei, aber nicht genommen würde. Denn bei dem männlichen Bewerber bestehe nicht die Gefahr, dass er binnen eines oder zwei Jahren schwanger werde. Nur aus diesem Grund habe ich die lukrative Position nicht bekommen. Sie wurde von einem Mann besetzt, der bei weitem nicht so erfahren war wie ich.“

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Wenn es einer Frau schließlich gelinge, eine Beschäftigung zu bekommen und sich in die Arbeitswelt zu integrieren, verringere sich das Problem, meint Michaela:

„Die tschechische Gesellschaft hat bereits auf die Forderung nach einem Women's Empowerment, also der Ermächtigung der Frauen und ihrer Gleichberechtigung reagiert. Das betrifft insbesondere Firmen, die eine höhere Anzahl an Ausländern beschäftigen. Sie haben sich schnell umgestellt, weil sie Angst vor Gerichtsverfahren und hohen Geldstrafen haben. In solchen Firmen werden gezielt zur Hälfte Männer und Frauen beschäftigt.“

Frauen verdienen rund 20 Prozent weniger

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Die Beschäftigung ist eine Seite, die Entlohnung eine andere. Zwischen Frauen und Männern bestehen in dieser Hinsicht immer noch Ungleichheiten. Das europäische Statistikamt Eurostat hat anlässlich des Weltfrauentages am 8. März die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht. Demzufolge verdienen in der EU Frauen im Durchschnitt etwa 15 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen dabei große Unterschiede. Das größte Lohngefälle gibt es in Estland mit knapp 23 Prozent, das geringste in Rumänien mit drei Prozent. Tschechien liegt knapp hinter Estland und Deutschland (21 Prozent) auf dem wenig schmeichelhaften dritten Rang. Der Unterschied in der Entlohnung zwischen Mann und Frau beträgt hierzulande 20 Prozent.

Allerdings bedeutet ein geringeres Lohngefälle nicht zwangsläufig mehr Gleichstellung zwischen den Geschlechtern. Oftmals gehe dies mit einer geringeren Erwerbsbeteiligung von Frauen einher, geben die Statistiker an. Hohe Lohngefälle hingegen stünden in der Regel mit einem hohen Frauenanteil an Teilzeitbeschäftigten oder einem hohen Frauenanteil in Niedriglohnsektoren in Verbindung.

Dalibor Holý  (Foto: Archiv des Tschechischen Statistikamtes)
Das geschlechtsspezifische Lohngefälle fällt abhängig vom Alter unterschiedlich aus. Im Berufseinstiegsalter ist es in der Regel gering und erhöht sich sukzessive. Dalibor Holý ist Arbeitsmarkt-Experte beim Statistikamt in Prag. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte er:

„Bei den jüngsten Arbeitnehmern, die in der Regel noch keine Familie haben, ist der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen sehr gering. Ab 30 wird er dann aber gewaltig und bis zum 40. Lebensjahr sogar noch größer. Die Löhne gleichen sich erst wieder vor dem Renteneintritt an.“

Der Mutterschaftsurlaub der Frauen spielt dabei eine wesentliche Rolle. Es sind in der Regel eben Frauen, die ihre Beschäftigung aufgeben, um sich um die Kindererziehung zu kümmern. Ihre Elternzeit fällt oft genau in jene Phase des Arbeitslebens, in der laut der Statistikerin Jitka Erhertová der Lohnanstieg besonders markant ist:

„Männer haben in diesem Alter keine Angst, den Job zu wechseln und bessere Angebote anzunehmen. Auf diese Weise gelangen sie in Führungspositionen, in denen sie höhere Gehälter beziehen als Frauen. Das gilt selbst dann, wenn diese ebenfalls im Management sitzen.“

Jitka Erhartová  (Foto: ČT24)
Nach Wiedereintritt ins Arbeitsleben gehen die Frauen oft Teilzeitbeschäftigungen nach. Neben dem Lohn ist auch die Flexibilität oder die Teilzeitfähigkeit bei der Jobsuche entscheidend. Frauen verdienen meist schlechter, weil sie häufiger in Teilzeit und in schlechter bezahlten Berufen arbeiten. Rechnet man diese Faktoren heraus, ist der Lohnunterschied geringer, aber immer noch da.

Stärkerer Gleichstellungsdruck

Nach der Meinung der Event-Managerin Michaela ist allerdings in den vergangenen Jahren auch hierzulande der Gleichstellungsdruck stärker geworden. Das betrifft ihrer Meinung nach auch die Entlohnung. Zugleich räumt Michaela ein, dass große Unterschiede zwischen Prag und den übrigen Teilen Tschechiens bestünden:

„Prag ist sehr multikulturell. Es ist nicht ganz richtig, die Statistik anhand der Lage in Prag zu erstellen. In der Hauptstadt verhält man sich wie in jeder anderen europäischen Metropole, da es hier viele Expats und viele ausländische Firmen gibt. Würde man sich aber die Zahlen in anderen Städten Tschechiens anschauen, wie etwa Brünn oder Ostrau, also der zweit- und drittgrößten Stadt hierzulande, stieße man auf große Unterschiede. Dort muss die Frau viel mehr um ihre Position kämpfen. Sie kann letztlich auch dort ein gutes Einkommen erkämpfen, aber der Weg dorthin ist viel länger als bei einem Mann. Eine Bewerberin bekommt nicht gleich eine Manager-Stellung sondern wird zunächst auf eine niedrigere Position gesetzt als ein Mann. Bei dem männlichen Bewerber wird automatisch vorausgesetzt, dass er Verantwortung trägt und die Leitung übernimmt, und er erhält sofort den Manager-Posten.“