Pilsner Theaterfestival - Faszinierende Momente und herbe Enttäuschungen

Das westböhmische Pilsen/Plzen verwandelt sich alljährlich im Herbst zu einer exquisiten internationalen Theatermetropole. Klassische Nationaltheater aus den Visegradländern Ungarn und der Slowakei zeigten vom 18. - bis zum 21. Oktober einige Leckerbissen ihres Repertoires, genauso wie die ehemals ruhmreiche amerikanische Avantgardetruppe Mabou Mines aus New York, von der Sie gleich, verehrte Hörerinnen und Hörer im heutigen Kulturspiegel mehr erfahren werden. Zum Programm heisst Sie Marcela Pozarek herzlich willkommen.

Bedrich Smetanas Klavierpolka "Erinnerung an Pilsen" führt zumindest atmosphärisch direkt an den Ort des Geschehens, wo uns der Festivalorganisator Tomas Froyda in die Geheimnisse der Festivaldramaturgie einweihte:

Sie hörten gerade einen Mitschnitt der schrillen Musik - und Wortkaskaden der amerikanischen Truppe, die letztlich weniger Besucher in ihr Zirkuszelt locken konnten, als erwartet. Ein merkwürdiges Spektakel, das im Laufe des Festivalmarathons auch die Theaterwissenschaftlerin Zuzana Augustova besuchte und nicht so recht einzureihen wusste :

Während sich ein Journalist darüber mokierte, dass das Festival die leicht schläfrig wirkende westböhmische Metropole nicht so recht auf Trab brachte, konnten Feinschmecker der Schauspielkunst doch auf ihre Kosten kommen, wie z.B. beim Gastspiel des Katona Jozsef Szinhaz Theaters aus Budapest. Das Publikum, mit obligaten Kopfhörern und tschechischer Übersetzung gegen die Sprachbarriere gewappnet, wurde von Spitzenschauspielern mit dem archaisch - brutalen Stück "Messer in Hennen" des britischen Dramatikers David Harrower in Bann gezogen. Etwas weniger dramatisch und angenehm schlicht ging es beim schweizerisch-deutschen Gespann Philippe Olza und Matthias Herrmann Ibach zu und her. Die Theaterwissenschaftlerin Zuzana Augustova dazu:

Sie hörten gerade den Cellisten und Mimen Matthias Hermann in Aktion, der über den Pilsner Aufführungsort, ein frisch renoviertes Atrium eines Pilsner Bürgerhauses mehr als glücklich war, genauso wie sein Kollege Philippe Olza, der vom berühmten tschechischen Mimen Ctibor Turba unterrichtet wurde und Tschechien bestens kennt:

Dass Theater eine Passion mit vielen Variationen sein kann, bestätigt übrigens der Werdegang des Festivalorganisators Tomas Froyda:

Ein schöner Bogen lässt sich vom reichhaltigen Angebot vielfältiger theatralischer Genres des diesjährigen Pilsner Theaterfestivals zum tschechischen Staatsfeiertag schlagen. Wäre Tschechien heute kein demokratischer Staat, könnte man schwerlich ein amerikanisches Theater nach Westböhmen einladen. Welche Assoziationen der Gründungstag der Tschechoslowakischen Republik bei Tomas Froyda weckt, verrät er Ihnen zum Schluss dieser Sendung:

Hiermit verabschiedet sich wieder einmal Marcela Pozarek vom Kulturspiegel - ich wünsche Ihnen liebe Hörerinnen und Hörer ein schönes Wochenende.


Autor: Marcela Pozarek
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