Barockbau mit gotischem Kern: Minoritenkloster und Jakobskirche

Foto: Martina Schneibergová

Einst war es der längste Sakralbau in Prag: die Jakobskirche in der Altstadt, die zu einem Minoritenkloster gehört. Eng verbunden ist St. Jakob mit den Luxemburgern. Unter dem böhmischen König Johann von Luxemburg wurde der Bau begonnen, unter seinem Sohn Karl IV. wurden die Bauarbeiten beendet. Nach einem verheerenden Brand wurde die Kirche Ende des 17. Jahrhunderts im Barockstil umgebaut. Aus der Barockzeit stammt auch die wertvolle Orgel. In St. Jakob finden regelmäßig Orgelkonzerte und internationale Orgelfestivals.

Kirche des heiligen Jakob des Älteren  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Kirche des heiligen Jakob des Älteren mit dem Minoritenkloster befindet sich in der Altstadt. Konkret liegt sie nahe der Teynkirche in den Straßen Malá Štupartská und Jakubská. Von der Celetná-Straße kommt man durch eine Passage in die Templová, und dort ist die Kirche dann bereits zu sehen. Der Minoritenorden kam 1234 auf Einladung des böhmischen Königs Wenzel I. (1230-1253) nach Prag, erzählt Oldřich Prachař. Er ist einer der Ordensbrüder, die heute die Jakobskirche betreuen.

„Der König nahm damals die Minoriten auf, die vom heiligen Franziskus von Assisi entsandt wurden. Es ist möglich, dass bei der Einladung der Ordensbrüder auch die heilige Agnes von Böhmen eine Rolle gespielt hat, sie war selbst Klarissin. Es wurde sogar erzählt, sie sei hier bestattet worden, doch dies hat sich nicht bestätigt. Es ist erstaunlich, dass die Minoriten als erste jener Ordensgemeinschaften nach Prag gekommen sind, die aus den Kreisen um den heiligen Franziskus hervorgegangen sind. Erst später ließen sich hier auch die Franziskaner und Kapuziner nieder. Die Bezeichnung ‚Minoriten‘ leitet sich vom lateinischen ‚minus‘ ab – die fratres minores sind die ‚kleineren Brüder‘.“

Minoritenkloster
Das Kloster erfreute sich im 13. und 14. Jahrhundert der Aufmerksamkeit der Herrscherdynastien, insbesondere des böhmischen Königs Johann von Luxemburg. Nach ihm wurde einer der Säle im Kloster benannt:

„Nach dem Tod seiner ersten Frau Eliška aus der Přemyslidendynastie heiratete er Beatrix von Bourbon. Das Hochzeitsfest in Prag fand hier im Kloster statt. Seitdem wird einer der Räume als Luxemburger-Saal bezeichnet.“



Oldřich Prachař  (Foto: YouTube)
Oldřich Prachař zufolge lebten zunächst viele Minoriten im Kloster, dies änderte sich im 18. Jahrhundert unter Josef II. Ab da gab es weniger Ordensbrüder beim heiligen Jakob. Während des Kommunismus wurden alle Kirchenorden aufgelöst und verboten, ihre Mitglieder wurden verhaftet – und ins Gefängnis oder ins Arbeitslager gesteckt. Nach der Wende kehrten wieder einige Minoriten in das Jahrzehnte lang verlassene Kloster bei der Jakobskirche zurück.

„Als wir nach 1989 hierher kamen, hatten wir bald 15 neue Interessenten, die dem Orden beitreten wollten. Inzwischen sind sie entweder als Missionare ins Ausland entsandt oder arbeiten in unseren anderen Klöstern in Tschechien. Im Kloster sowie der Jakobsbasilika haben wichtige Ereignisse stattgefunden. Die Kirche ließ Johann von Luxemburg erbauen – anstelle einer kleineren Kirche, von der nichts mehr erhalten ist. Nach einem Brand musste die Basilika wieder in Stand gesetzt werden. Erzbischof Jan Očko z Vlašimi segnete damals die Kirche in Anwesenheit von Karl IV. Der Kaiser wurde nach seinem Tod eben hier in der Jakobskirche aufgebahrt. Wie aus den Dokumenten hervorgeht, brannten damals 500 Kerzen in der Basilika. Danach wurde Karl IV im Veitsdom bestattet.“

Barockumbau nach Großbrand

Pieta  (Foto: Martina Schneibergová)
Das Klosterareal einschließlich der gotischen Kirche wurde 1689 durch einen verheerenden Brand stark beschädigt. Den Minoriten gelang es jedoch, einige Kunstwerke zu retten.

„Wir wissen, dass sie die Holzplastiken der Pieta und des leidenden Christus sowie ein Gemälde des heiligen Antonius von Padua vor dem Brand gerettet haben. Sonst fiel die gesamte Ausstattung den Flammen zum Opfer. Noch heute kann man an einigen Säulen in der Basilika die Spuren des Brandes sehen genauso wie an einer der Wände im Kloster, deren Steine bis heute schwarz sind. Auch bei der jüngsten Instandsetzung des Gebäudes haben die Restauratoren dies absichtlich so belassen, wie es vor mehr als 300 Jahren ausgesehen hat.“



Gotisches Gewölbe  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Führung durch die Jakobsbasilika beginnt im gotischen Gang, der zur Sakristei an der Nordseite des Chors führt. Dort ist das gotische Originalgewölbe erhalten geblieben:

„Das Kreuzgewölbe ist in mehrere Felder gegliedert, die in blauer Farbe gehalten sind. Wir waren erstaunt, als wir erfahren haben, dass hier in der Sakristei auch schon im Mittelalter Beichtstühle standen. Und dass derjenige, der zur Beichte kam, dem Priester in diesem geschlossenen Raum und nicht in der Kirche begegnet ist.“

Grabmal von Václav Vratislav z Mitrovic und Marienfresken

Hauptaltar  (Foto: Martina Schneibergová)
Aus der Sakristei geht es in die Kirche: Über dem Hauptaltar hängt ein großes Gemälde von Barockmaler Václav Vavřinec Reiner, es zeigt die Folterung des heiligen Jakob. Den prunkvollen Rahmen schuf der Tiroler Holzschnitzer Matthias Schönherr. Auf dem Hauptaltar steht die Plastik der Pieta, sie stammt aus dem Jahr 1500 und wurde aus Lindenholz geschnitzt. Das Kunstwerk retteten die Ordensbrüder im 17. Jahrhundert vor einem verheerenden Brand. Architekt Jan Šimon Pánek gestaltete das Interieur der Kirche dann im Barockstil um, erzählt Oldřich Prachař. Aus der Barockzeit stammt auch der Freskenzyklus an der Decke der Basilika:

„Nach der Erneuerung der Kirche schuf Maler Franz Voget 1739 auf Wunsch der Minoriten diese herrlichen Deckenmalereien. Fünf Fresken sind über dem Presbyterium zu sehen. Die erste davon stellt den Gottvater dar, dann folgt das Kreuz als das Symbol der Erlösung und die Taube als das Symbol des heiligen Geistes. Die Buchstaben M und I stehen in der vierten Deckenmalerei für die lateinische Bezeichnung Maria Immaculata, auf der letzten Freske über dem Presbyterium ist die Jungfrau Maria mit Engeln abgebildet.“

Grabmal des Grafen Jan Václav Vratislav z Mitrovic  (Foto: Martina Schneibergová)
Die weiteren Malereien geben bedeutende Ereignisse aus Jungfrau Marias Leben wieder. Der Zyklus ist mit Marias Himmelfahrt abgeschlossen.

Die Kirche birgt auch noch weitere Kunstwerke, eines davon ist das Grabmal des Grafen Jan Václav Vratislav z Mitrovic im nördlichen Seitenschiff. Der 1712 verstorbene Graf war Oberster Kanzler des Königreichs Böhmens, erzählt Ordensbruder Prachař.

„Er war zudem ein hoher Vertreter des Malteserordens. Das Grabmal schuf Bildhauer Ferdinand Maximilian Brokoff nach dem Entwurf von Architekt Fischer von Erlach. Die oberste Figur ist ein Engel mit einer Lure in der Hand. Er verkündet die Verdienste des Verstorbenen. Auf dem Sarg ruht der dahingeschiedene Graf an der Schulter einer weiblichen Figur. Diese hält einen Kranz in der Hand, den sie auf den Kopf des Toten setzen will. Interessant ist die mächtige Figur des Chronos, des griechischen Gottes der Zeit. Der oberste Kanzler des Königtums wurde in der damals größten Prager Kirche bestattet.“

Fassadenreliefs von italienischem Bildhauer

Foto: Martina Schneibergová
Die hochgotische Architektur scheint im Kirchenraum an manchen Stellen immer noch durch – trotz des Umbaus des Gotteshauses zu Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts. Nach dem Brand wurde zuerst das äußere Erscheinungsbild der Jakobskirche dem Barockgeschmack angepasst. Die Fassadenreliefs schuf 1695 der italienische Bildhauer Ottavio Mosto, der aus Salzburg nach Prag kam. Oldřich Prachař:

„Über dem Haupteingang ist die Figur des heiligen Jakob zu sehen, der die Pilger in die Basilika führt. Über ihm steht der Salvator, der Erlöser, links der heilige Franziskus von Assisi und rechts der heilige Antonius von Padua. Ganz oben sind unsere traditionellen Heiligen: Johannes, Antonius, Jungfrau Maria und Franziskus.“

Orgel  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Jakobskirche ist nicht zuletzt durch ihre wertvolle Orgel bekannt geworden. In der Basilika findet jedes Jahr ein internationales Orgelfestival statt. In diesem Sommer wird es schon zum 21. Mal veranstaltet.

„Die Orgel hat 1705 Abraham Stark aus Loket geschaffen. Das Musikinstrument wurde einige Mal umgestaltet. Zur größten Änderung kam es 1941, als die Orgel nach dem Entwurf des Organisten Bedřich Antonín Wiedermann umgebaut und erweitert wurde. Die Orgel hat vier Manuale, 8277 Pfeifen und 91 Register.“

Das internationale Orgelfestival in St. Jakob findet von 6. August bis 24. September statt. Die Minoriten laden aber schon am 27. März zu einem Osterkonzert in die Basilika.