Richard von Weizsäcker: Havel hatte die richtige Richtung seines Weges in seinem Wesen

Richard von Weizsäcker (Foto: ČTK)

Einer der Gäste, die gerne zum Begräbnis von Václav Havel gekommen wären, aber wegen gesundheitlicher Probleme absagen mussten, ist der ehemalige deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Vor einigen Tagen hat er bereits gegenüber dem Tschechischen Rundfunk über sein Verhältnis zu Havel gesprochen. Václav Havel bezeichnete ihn häufig als den „Lehrer seiner Präsidentschaft“. Über diese Beschreibung muss Weizsäcker selbst aber schmunzeln:

Richard von Weizsäcker  (Foto: ČTK)

Einer der Gäste, die gerne zum Begräbnis von Václav Havel gekommen wären, aber wegen gesundheitlicher Probleme absagen mussten, ist der ehemalige deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Vor einigen Tagen hat er bereits gegenüber dem Tschechischen Rundfunk über sein Verhältnis zu Havel gesprochen. Václav Havel bezeichnete ihn häufig als den „Lehrer seiner Präsidentschaft“. Über diese Beschreibung muss Weizsäcker selbst aber schmunzeln:

„Ein Lehrer war ich wirklich nicht. Die Aufgabe, die sich ihm stellte, war eine ganz persönliche. Diese hat er mit seinem geistreichen, auf Freiheit bezogenen und moralisch fundierten Sinn in einer wahrhaft vorbildlichen Weise verwirklicht. Er ist für uns ein Wegweiser geworden, denn er hatte die richtige Richtung seines Weges in seinem Wesen, in seinem Charakter, in seinem Herzen, seinem Verstand. Er wurde ein wahrer Freund, und das ist er in einer Form geworden, von der ich sagen kann: Das wird er für immer bleiben!“

Vaclav Havel | Foto: Radio Prague International

Weizsäcker und Havel werden häufig zugute gehalten, gemeinsam viel für das tschechisch-deutsche Verhältnis getan zu haben. Weizsäcker hält es aber vor allem für Havels Verdienst, dass die beiden Nachbarstaaten nach der langen Zeit aus der Abfolge von Nazi-Herrschaft und kommunistischem Regime sich wieder angenähert haben:

„Er hat uns vor allem entscheidend geholfen. Man muss sich unsere Lage vor Augen halten: Das nationalsozialistisches Deutschland war über die Nachbarländer hergefallen, vor allem auch schon frühzeitig über die Tschechoslowakei. In dieser Lage wieder Kontakt zueinander zu bekommen, sich achten zu lernen, sich einerseits um Verzeihung zu bitten, andererseits Zusammenarbeit zustande zu bringen, dafür hat er sich eingesetzt. So weit ich das sehen kann, hat er dafür gewirkt, wie kein anderer verantwortlicher Staatsführer, in dessen Land wir Deutschen eingefallen waren!“

Václav Havel wird auch als großer Europäer bezeichnet, der sich für die Annäherung der europäischen Länder untereinander eingesetzt hat. Woher Havels Antrieb dafür kam, erzählt Weizsäcker:

„Er hat sich zunächst vor allem darum bemüht, seinem eigenen Land über die Schäden hinwegzuhelfen, die der Weltkrieg mit sich gebracht hatte. Dann hat er die Versöhnung über die Grenzen hinweg in einer Form zustande gebracht, wie ich es an keiner anderen Stelle unserer Grenzen erlebt habe. Und das war das Wichtigste nach dem Krieg. Die vernünftige Folge daraus war, dass das zu einer Vereinigung europäischer Nationen untereinander führen würde. Diesen Weg ist er vorangegangen, ohne gleich Texte für eine gemeinsame Verfassung aus der Tasche zu ziehen.“

Václav Havel und Richard von Weizsäcker  (Foto: Archiv der Theodor Heuss Stiftung)

Václav Havel wurde jedoch durchaus auch kritisiert. Beispielsweise dafür, mit den Kommunisten zu „mild“ umgegangen zu sein. Weizsäcker sieht das anders:

„Ich kann mich einem solchen Vorwurf ihm gegenüber nicht beteiligen. Ich will nicht leugnen, dass ich ja nicht bei ihm zu Hause als Berater tätig war. Aber er hat selbst viel Leid durch kommunistische Eingriffe erfahren. Und gerade das hat er dazu genutzt, um zu sagen: ‚Nun müssen wir anderen gegenüber offenherzig und großherzig sein, dort, wo andere uns Schäden zugefügt haben.’ Die Brücken, die er zu den Übeltätern geschlagen hat, sind ein Beispiel für das, was er selbst gelernt hat, durch das Unrecht, das in seinem Land und ihm selbst geschehen war.“