Basketballer begeistern die Nation – Fußballer geben bescheidendes Bild ab

Tomáš Satoranský (Foto: ČTK/Šimánek Vít )

Vor zwei Wochen haben wir darüber gerätselt, ob der Basketballsport in Tschechien aufgrund der WM-Teilnahme der Nationalmannschaft der Männer weiter an Popularität gewinnen kann. Heute muss man klar festhalten: Dieses tschechische Team war überragend und hat die Fans begeistert. Dagegen hat sich die Nationalelf der Fußballer nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Trainer Jaroslav Šilhavý  (Foto: )
Dies hat wohl keiner der kühnsten Optimisten je für möglich gehalten: Tatsächlich hat der Basketball den Fußball bei den Einschaltquoten überholt. Ein Beleg dafür war der Samstag vor neun Tagen, als in beiden Sportarten richtige Topbegegnungen auf dem Programm standen. Das Basketballspiel Tschechien – Brasilien am Vormittag tschechischer Ortszeit wurde von 18,2 Prozent aller Fernsehzuschauer verfolgt. Am Nachmittag, beim Fußballduell Kosovo gegen Tschechien aber waren es nur 16,6 Prozent all derjenigen, die den Fernseher um diese Zeit eingeschaltet hatten. Noch hat der Fußball seinen Spitzenplatz – gemeinsam mit Eishockey – in der Gunst der tschechischen Sportfans nicht verloren. Doch die 1:2-Niederlage gegen den Kosovo, die die Nationalelf vor neun Tagen in Pristina bezog, hat zumindest die Nörgler darin bestätigt, dass die eigenen Kicker allerhöchstens noch unteres europäisches Mittelmaß seien. Dabei hatte die Partie gegen die Kosovaren ganz gut für die Gäste begonnen: In der 16. Spielminute hatte Patrik Schick das Führungstor für die Tschechen geschossen. Aber dann musste auch der Neu-Leipziger mit ansehen, wie die kämpferisch stärkeren Hausherren das Blatt noch auf ihre Seite wendeten. Entsprechend enttäuscht äußerte sich der Angreifer vor dem Rundfunk-Mikrofon:

„Natürlich ist es schön, ein Tor geschossen zu haben, doch die Niederlage wurmt mich sehr. Wir haben die Führung zu leicht aus der Hand gegeben. Hätten wir wenigstens noch das 2:2 erzielt, hätten wir jetzt einen Punkt. So aber bin ich verärgert.“

Schick räumte indes auch ein, dass es eine verdiente Niederlage war:

„Unser Spiel war nicht gut. In der Offensive ist uns nichts Überraschendes gelungen, es fehlte an Ideen, es gab keine verdeckten Pässe. Wir waren einfach zu berechenbar.“

Und auch der sonst so zurückhaltende Trainer Jaroslav Šilhavý nahm sich diesmal kein Blatt vor den Mund:

„Das war eine dumme Niederlage, die die Sache komplizierter macht auf dem Weg zu dem von uns erhofften Weiterkommen. Unser Gegner hat gewiss sehr gut gespielt, engagiert, aggressiv und schnell, doch das wussten wir auch vorher. Wir haben dem Kosovo jedoch mit unseren Fehlern und Nachlässigkeiten den Sieg erst ermöglicht.“

Jaroslav Šilhavý: „Das war eine dumme Niederlage, die die Sache komplizierter macht auf dem Weg zu dem von uns erhofften Weiterkommen. Unser Gegner hat gewiss sehr gut gespielt, doch wir haben dem Kosovo mit unseren Fehlern und Nachlässigkeiten den Sieg erst ermöglicht.“

Drei Tage später trat die tschechische Mannschaft beim Tabellenletzten Montenegro in Podgorica an. Alles andere als ein Sieg hätte die Chancen auf die Qualifikation für die EM-Endrunde in weite Ferne gerückt. Und die Schützlinge von Jaroslav Šilhavý taten sich auch gegen diesen Kontrahenten zunächst schwer, zur Pause stand es noch 0:0. Erst die frühen Tore von Tomáš Souček und Lukáš Masopust kurz nach dem Seitenwechsel erlösten die Spieler vom großen Druck des Gewinnen-müssens, ehe Hertha-Profi Vladimír Darida mit einem verwandelten Foulelfmeter in der Nachspielzeit den 3:0-Endstand besorgte. Danach konnte auch Trainer Šilhavý wieder etwas aufatmen:

„Wir sind wieder im Spiel. Ich möchte mich vor allem bei den Jungs bedanken, denn sie haben heute Charakter gezeigt. Das war durchaus nicht leicht nach der Kritik, die nach dem Ergebnis gegen Kosovo auf uns eingeprasselt ist. Von daher wussten wir, dass wir hier gewinnen müssen. Das hat geklappt, mit diesem Spiel können wir zufrieden sein.“

Trotzdem hat die tschechische Mannschaft noch ein hartes Stück Arbeit vor sich. Nach fünf von acht Gruppenspielen liegt sie wieder auf Rang zwei der Tabelle, drei Punkte hinter den verlustpunktfreien Engländern. Und die Briten empfängt man in dreieinhalb Wochen zu Hause, ehe Mitte November das vermutlich alles entscheidende Heimspiel um den zweiten Platz gegen den Kosovo ansteht.


Basketballer werden Sechster bei WM in China

Pavel Pumprla  (Foto: ČTK/Šimánek Vít)
Die tschechischen Basketballer haben bei der Weltmeisterschaft in China Geschichte geschrieben. Zwar hat die Mannschaft am Samstag ihr abschließendes Spiel gegen Serbien mit 81:90 verloren, doch in der Endabrechnung hat sie einen hervorragenden 6. Platz belegt. Damit hat das Team des israelischen Trainers Ronen Ginzburg die beste Platzierung der Tschechoslowakei, den sechsten Rang bei der WM 1970, egalisiert.

Auf dem Weg zu diesem großartigen Erfolg haben die Männer um NBA-Spieler Tomáš Satoranský einige überragende Meilensteine gesetzt. Zunächst ging es darum, dass sie in ihrer Vorrundengruppe E zumindest den zweiten Platz erreichen. Nach der 67:88-Auftaktpleite gegen Titelverteidiger USA und einem 89:76-Sieg über Japan musste dazu im letzten Gruppenspiel die favorisierte Türkei geschlagen werden. Diese Aufgabe erfüllte die tschechische Mannschaft mit Bravour, sie bezwang das Team vom Bosporus sensationell deutlich mit 91:76. Danach herrschte natürlich ausgelassene Freude bei den Tschechen:

Vojtěch Hruban  (Foto: ČTK/Václav Mudra)
„Ich weiß nicht, ob ich schreien oder heulen sollte, oder am besten beides. Jetzt schießt mir einiges durch den Kopf, denn ich kann es noch gar nicht glauben, dass wir weiter sind. Denn das war nicht nur das Ziel, sondern unser Traum“, sagte Mannschaftskapitän Pavel Pumprla nach dem Abpfiff in die Mikrofone.

Auch Teamkollege Vojtěch Hruban war emotional sehr berührt:

„In der Schlussminute hatte ich Tränen in den Augen, denn der Achtelfinaleinzug ist für uns ein historischer Moment. Jetzt erwarten uns zwei weitere Spiele als Belohnung. Doch heute wird erst einmal etwas gefeiert.“

Tschechiens Antreiber und Schlüsselspieler Tomáš Satoranský aber richtete den Blick bereits nach vorn:

„Wir wollen die Position des tschechischen Basketballs weiter stärken. Ich denke, das haben wir heute getan und unseren Fans gezeigt, wie wir dafür kämpfen. Darüber bin ich sehr stolz, doch wir sind noch längst nicht am Ende.“

Tomáš Satoranský  (Foto: ČTK/Šimánek Vít)

Jaromír Bohačík  (oben) und Blake Schilb  (Foto: ČTK/AP Photo/Ng Han Guan)
Und die Worte ihres Führungsspielers schien die Mannschaft – beflügelt von ihrem Zwischenerfolg – jetzt erst recht umsetzen zu wollen. Denn in ihrem ersten Achtelfinalmatch knüpfte sie da an, wo sie gegen die Türkei aufgehört hatte: Sie besiegte das Team aus Brasilien in souveräner Art und Weise mit 93:71. Damit öffnete sich für die Weiß-Rot-Blauen nun auch das Tor für den nächsten Schritt auf der Erfolgsleiter – den Sprung ins Viertelfinale. Dazu konnte man gegen die ebenso als WM-Mitfavorit gehandelten Griechen sogar verlieren, allerdings nur mit einer Differenz von maximal elf Punkten. Auch das gelang, auch wenn die Tschechen zwischenzeitlich mit bis zu zwölf Zählern in Rückstand lagen. Am Ende aber stand es 77:84 aus der Sicht des Außenseiters. Das Minimalziel war erreicht, doch die zweite Begegnung der Gruppe zwischen den USA und Brasilien stand noch aus, Deshalb trat auch der sehr treffsichere Korbjäger Jaromír Bohačík zunächst noch auf die Euphorie-Bremse:

„Ein Sieg ist uns nicht gelungen, dafür aber das zweite Ziel, die Niederlage in Grenzen zu halten. Dadurch haben wir jetzt die Chance, unter die Top Acht der WM zu kommen. Es ist nun an den Amerikanern, die Brasilianer zu besiegen. Und daran glaube ich.“

Die Spannung erreichte ihren Höhepunkt, als Spieler, Trainer und Funktionäre das Abendspiel in der Hotel-Lobby gemeinsam am Fernseher verfolgten. Dass es wie gewünscht ausgegangen ist, verrieten die Schlusssekunden, die von den Tschechen lautstark heruntergezählt wurden. Die US-Amerikaner hatten die Partie mit 89:73 gewonnen und die Freude in der tschechischen Mannschaft kannte keine Grenzen mehr. Im höchsten Glücksgefühl gab Kapitän Pavel Pumprla dann auch gleich das Motto aus für den weiteren WM-Verlauf:

Pavel Pumprla: „Erst mit einigem Zeitabstand weiß man zu würdigen, woher unser Team nur diese Kraft geschöpft hat. Denn laut der Papierform und dem Talent sind die anderen Mannschaften der Top Acht höher einzustufen als wir. Mit Ausnahme des polnischen Teams.“

„Die Gefühle sind unbeschreiblich, und wir können es wohl noch nicht ganz glauben, dass wir jetzt im Viertelfinale stehen. Vor dem Fernseher haben wir bis zum Schluss mitgefiebert, um jetzt zu jubeln: Wir sind dabei! Ohne Zweifel kann hier in China alles passieren.“

Im Viertelfinale aber wartete mit den bis dahin noch ungeschlagenen Australiern ein weiterer Brocken. Und der war diesmal für die tapferen Tschechen um ein paar Kilo zu schwer. Die Aussies gewannen die Begegnung mit 82:70 und beendeten somit auch die leisen Medaillenhoffnungen ihres Gegners. Aufbauspieler Tomáš Satoranský aber trug die Niederlage mit Fassung:

„Das war ein sehr anstrengendes Spiel für uns. Es zeigte sich, dass uns schon ein wenig die Kräfte gefehlt haben, vor allem im dritten Viertel, als die Partie gegen uns entschieden wurde. Australien hat ein sehr reifes Team, das auch physisch sehr stark ist. Das bekamen wir im dritten Viertel zu spüren.“

Auch Teamkollege Vojtěch Hruban erkannte die Überlegenheit des Gegners an:

Ronen Ginsburg mit Fanns  (Foto: ČTK/AP/Ng Han Guan)
„Das Spiel hatte für uns eine solch außerordentliche Bedeutung, da kann von Müdigkeit nicht die Rede sein. Mit dem Argument würde ich zudem die Leistung der Australier schmälern. Sie waren einfach besser, und wir wussten auch, dass wir irgendwann am Limit sind. Und das war heute.“

Die Enttäuschung über das Ausscheiden kurz vor der Medaillenstufe aber hielt sich in Grenzen. Denn auch der Endkampf um die Plätze fünf bis acht war für die Tschechen schon ein großer Erfolg. Hierbei trafen sie zudem mit den Polen auf das andere Überraschungsteam der WM. Eine lösbare Aufgabe, war sich Kapitän Pumprla sicher:

„Erst mit einigem Zeitabstand weiß man zu würdigen, woher unser Team nur diese Kraft geschöpft hat. Denn laut der Papierform und dem Talent sind die anderen Mannschaften der Top Acht höher einzustufen als wir. Mit Ausnahme des polnischen Teams, das auch noch den etwas leichteren Weg hatte ins Viertelfinale als alle anderen.“

Ronen Ginzburg: „Wir haben uns den Erfolg auch irgendwie verdient, denn das alles kann nicht nur Glück gewesen sein. Wir haben gezeigt, dass wir uns nicht auf außerirdische Hilfe oder das Glück verlassen. Im Gegenteil, meine Spieler kämpften in jeder Begegnung wie die Löwen.“

Dass ihr Potenzial tatsächlich etwas höher ist als das der Polen, zeigten die Tschechen im direkten Duell. Sie gewannen es mit 94:84 und durften sich in ihrem abschließenden WM-Fight auf das Duell mit den Serben freuen. Das haben sie mit 81:90 verloren. Tomáš Satoranský war dennoch nicht enttäuscht:

„Ich denke, wir können zufrieden sein mit dem, was wir hier bei der WM geleistet haben. Natürlich will sich niemand mit einer Niederlage verabschieden, doch wir haben zum Abschluss gegen eine der besten Mannschaften des Turniers gespielt. Und wir haben noch einmal gezeigt, warum wir so weit gekommen sind, vor allem in der ersten Halbzeit.“

Bereits vor der letzten Begegnung mit den Serben zog Trainer Ronen Ginzburg ein bemerkenswertes Fazit über den WM-Auftritt seiner Mannschaft:

„Die Götter stehen nur guten Menschen bei. Folglich haben wir uns den Erfolg auch irgendwie verdient, denn das alles kann nicht nur Glück gewesen sein. Wir haben gezeigt, dass wir uns nicht auf außerirdische Hilfe oder das Glück verlassen. Im Gegenteil, meine Spieler kämpften in jeder Begegnung wie die Löwen. Und falls der da oben auf unserer Seite ist, dann ist das nur gut so.“

Bei ihrer Rückkehr am Sonntag in Prag wurden die tschechischen Basketballer auf dem Václav-Havel-Flughafen von einigen Dutzenden Fans herzlich empfangen. Und sie dürfen sich sicher sein, dass ihre Sportart nach diesem WM-Auftritt viel Kredit und neue Interessenten hinzugewonnen hat.

Foto: ČTK/Šimánek Vít
Autor: Lothar Martin
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