Abtreibungsgegner überstimmt

Ein Abtreibungsverbot wird es in Tschechien vorerst nicht geben. Vergangene Woche hat das Abgeordnetenhaus mit großer Mehrheit den Gesetzesvorschlag einiger Christdemokraten, die gemeinsam mit Sozialdemokraten und Freiheitsunion die Regierung stellen, abgelehnt. Daniel Satra berichtet.

Acht Christdemokraten und ein Abgeordneter der oppositionellen Bürgerdemokraten (ODS) hatten in einer Gesetzesnovelle ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Tschechien gefordert. Ausnahmen sollten nur dann gelten, wenn eine Frau nach einer Vergewaltigung schwanger wird oder die Schwangerschaft für sie lebensbedrohlich ist. Ärzten, die ohne diese Gründe einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, sollten bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe drohen. Die Frau hingegen sollte straffrei bleiben. Der Vorschlag stieß bei den tschechischen Parlamentariern auf Ablehnung: Mit 134 von 170 Stimmen haben die Abgeordneten das Vorhaben der Abtreibungsgegner nun gekippt. Jirí Karas, Christdemokrat und Abtreibungsgegner:

"Das macht mich ein bisschen traurig. Ich bin davon ausgegangen, dass der Vorschlag in eine zweite Lesung gelangen wird. Aber das Problem ist auf keinen Fall ganz vom Tisch."

Karas will in Kürze einen neuen Gesetzesvorschlag vorlegen. Darüber hinaus will der Abgeordnete sich um eine Verfassungsklage gegen die gegenwärtige Gesetzeslage bemühen. Laut Gesetz ist die Abtreibung in Tschechien seit 1958 erlaubt. Michaela Marksová-Tominová, Gleichstellungsbeauftragte der tschechischen Regierung:

"Nach geltendem tschechischen Recht darf eine Frau bis zum Ende der zwölften Woche der Schwangerschaft eine Abtreibung vornehmen lassen, bis zur achten Woche handelt es sich um eine so genannte Mini-Abtreibung. Bei dieser muss die Frau nur für einige Stunden im Krankenhaus bleiben."

Anders als in Deutschland ist eine Frau jedoch nicht gezwungen vor einem Schwangerschaftsabbruch an einer Pflicht-Beratung teilzunehmen. Keine Frau entscheidet sich jedoch leichten Herzens für eine Abtreibung, sagt Marksová-Tominová:

"Ich bin der Meinung, dass keine Frau einfach so abtreibt. Wenn sie also schon eine solche Entscheidung trifft, dann heißt das auch, dass sie sich in einer schlechten Situation befindet."

Neben der Tschechischen Republik können Frauen in 15 weiteren europäischen Staaten bis zur zwölften Wochen abtreiben. In den Niederlanden und in Großbritannien sogar bis zur 24. Woche. Ein Abtreibungsverbot hingegen gilt in Polen und Irland, beides Staaten mit mehrheitlich katholischer Bevölkerung.

In Tschechien ist der Schwangerschaftsabbruch seit Jahren auf dem Rückzug. Während 1965, dem Jahr der Einführung der Anti-Baby-Pille in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, noch 72 000 Abtreibungen gezählt wurden, beträgt die Zahl nach Angaben tschechischer Frauenärzte heute nur etwa 20 000. Die Nachrichtenagentur CTK hat andere Zahlen: 1990 habe es 124 000 Schwangerschaftsabbrüche gegeben, gegenwärtig belaufe sich die Zahl auf 40 000.