Alte Gorilladame Shinda bringt in Prag gesundes Affenbaby zur Welt

Shinda mit ihrem Affenbaby (Foto: Archiv des Prager Zoos)

Das erste Drittel des Jahres 2016 ist vorüber. Für die meisten Firmen ist das zu wenig Zeit, um über Erfolg oder Misserfolg zu spekulieren. Für den Prager Zoo aber scheint schon jetzt festzustehen: Es ist ein gutes Jahr. Denn seit Jahresbeginn hat es dort bereits drei seltene Zuwächse gegeben – ein Nilpferd-Baby, ein Elefantenjunges und vor kurzem wurde ein kleiner Gorilla geboren.

Shinda mit ihrem Affenbaby  (Foto: Archiv des Prager Zoos)
Der kleine Gorilla wurde vor zehn Tagen im Prager Zoo geboren. Mit diesem Zuwachs habe man nicht gerechnet, teilte Zoodirektor Miroslav Bobek über Facebook mit. Und dass das 24-jährige Weibchen Shinda schwanger war, habe man gar nicht bemerkt, ergänzte Bobek. Wie ist das möglich? Darauf antwortet der für die Gorillazucht hauptverantwortliche Pfleger, Vít Lukáš:

„Shinda ist mit Abstand der dickste Gorilla der Gruppe. Im Vergleich zu den anderen Weibchen bringt sie 15 bis 20 Kilogramm mehr auf die Waage. Und wenn man ihre Körperfülle auf Aufnahmen vom Juni oder Juli vergangenen Jahres mit den Eindrücken von heute vergleicht, kommt man nicht umhin zu sagen, sie war damals noch dicker. Ihr Gewicht ging in den letzten Jahren häufig um vier bis sechs Kilo rauf und runter.“

Zudem wurde Shinda für unfruchtbar erklärt, weil man bei ihr im Jahr 2001 in Australien einen hormonellen Eingriff zur Empfängnisverhütung vollzogen hatte. Vielfacher Beleg für diese These waren mehrere Föten, die sie verloren hat. Doch wie sah es mit ihrem Verhalten aus? Aber auch dafür hat Vít Lukáš eine Erklärung:

Vít Lukáš  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Sie hat ihre Launen, und wir haben festgestellt, dass sie sich etwas von den anderen Weibchen absondert und sich mehr mit sich selbst beschäftigt. Das aber haben wir auf den Wechsel in der Hierarchie der Gruppe geschoben. Vor zwei Jahren war Shinda noch die Anführerin gewesen, doch seitdem ist sie in dieser Rolle von den Weibchen Kijivu und Kamba abgelöst worden. Und von da an hat sich Shinda allgemein immer mehr zurückgezogen.“

Jetzt aber lebt die 24-jährige Gorilladame wieder richtig auf. Das Schönste an der ganzen Geschichte aber sei, dass die Geburt ohne Komplikationen abgelaufen ist und sowohl die Affenmutter als auch ihr Junges offensichtlich wohlauf sind, bedeutet Lukáš:

Shinda mit ihrem Affenbaby  (Foto: Archiv des Prager Zoos)
„Den Beginn der Geburt haben wir gegen 8 Uhr morgens festgestellt und danach den ganzen Vorgang genau beobachtet. Das Junge kam um 12.48 Uhr auf die Welt, also nach fast fünf Stunden. Shinda war schon ziemlich müde, aber auch maßlos glücklich, das konnte man ihr wirklich ansehen.“

Und von Anfang an verhalte sie sich wie eine erfahrene Mutter, ergänzt Lukáš:

„Shinda hat schon etliche Male ihr Junges in den Armen gehalten, und sie weiß auch, wie man das Baby zum Stillen an die Brustwarze drückt. Daher hat es schon wenige Stunden nach der Geburt Muttermilch getrunken.“

Foto: Archiv des Prager Zoos
Weil alle Vorgänge natürlich und ohne Komplikationen abgelaufen sind, durften die Besucher des Prager Zoos den Neuankömmling und seine Mutter schon in Augenschein nehmen. Sie wissen jedoch nicht, ob der kleine Spross nun ein Junge oder ein Mädchen ist. Aber auch die Pfleger sind noch nicht klüger. Aus den Fernaufnahmen der Videoüberwachung schließe er, dass es ein Männchen sei, sagt Vít Lukáš. Doch lieber wäre ihm ein Weibchen:

„Gorillas leben in der Form eines Harems, das heißt, auf ein Männchen kommen vier bis fünf Weibchen. Laut der Geburtenrate kommen indes Männchen und Weibchen im Verhältnis von 50:50 zur Welt. Daraus muss man logischerweise schlussfolgern, dass es einen Überschuss an Männchen gibt.“

Die für die weitere Zucht überschüssigen Tiere landen daher in den sogenannten Bachelor-Gruppen, in denen sie ein tristeres Dasein fristen. Doch daran denkt noch niemand im Prager Zoo. Die Verantwortlichen sind vielmehr froh, dass ihnen bei den Gorillas die inzwischen sechste Geburt erfolgreich geglückt ist.

Autor: Lothar Martin
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