Artists in Residence: Das Künstlerpaar Awst & Walther residiert für drei Monate in Prag

Benjamin Walther mit Manon Awst

Jedes Jahr geben das Goetheinstitut Prag und das Künstlerzentrum Meetfactory vier Künstlern die Möglichkeit, nach Prag zu kommen und hier zu arbeiten. Den Künstlern steht dann für jeweils drei Monate ein Atelier in der Meetfactory zur Verfügung. In diesem Quartal ist die Wahl auf das Künstlerehepaar Manon Awst aus Wales und Benjamin Walther aus Dresden gefallen. Beide hatten im November in London mit einer spektukulären Installation auf sich aufmerksam gemacht. Iris Riedel hat Benjamin Walther im Atelier besucht.

Meetfactory
Die Meetfactory ist ein Künstlerhaus im südlichen Industriegebiet von Prag. Sie liegt eingezwängt zwischen zwei mehrspurigen Straßen, und fünf Bahngleise führen an ihr vorbei. Über die Bahngleise gelangt Benjamin Walther von der Straßenbahnhaltestelle zu seinem Arbeitsplatz in der Meetfactory. Hier hat er, zusammen mit seiner Frau, der Waliserin Manon Awst, ein Atelier. Drei Monate können sie sich in dem Raum, der eher einer Halle gleicht, künstlerisch austoben. Ungestrichenene Wände und die spärliche Einrichtung von zwei Betten, zwei Tischen und zwei Stühlen lassen viel Gestaltungsfreiheit. Aber erst einmal müssen die Gedanken und Ideen fließen. Die Inspiration, sagt Walther, holen sie sich direkt in Prag.

„Prag ist natürlich eine wunderschöne Stadt. Was ich jetzt auch für die Arbeit in den drei Monaten hier besonders interessant finde: Es ist eine Stadt im Umbruch, die sich in einer Schwellensituation befindet, das ganze Land befindet sich eigentlich in einer Schwellensituation. Es ist mit der EU-Erweiterung an den Westen angebunden worden, und Prag als repräsentative Stadt ist erst einmal in der öffentlichen Wahrnehmmung. Aber was mich besonders interessiert ist, zu schauen, wo die Brüche sind.“

Mauer aus Eisziegeln
Schwellen, Umbrüche und Übergänge sind ein wiederkehrendes Thema in der Arbeit von Manon Awst und Benjamin Walther. Walther kommt aus Dresden und hat lange als Regisseur gearbeitet. Nun ist er zur bildenden Kunst übergegangen und setzt gemeinsam mit der walisischen Architektin Manon Awst Objekte in Szene. Ein spektakuläres Projekt war die Mauer aus einzelnen Eisziegeln, die sie für den 9. November vergangenen Jahres vor der deustchen Botschaft in London aufgebaut hatten. Um die Mauer stand ein Bauzaun und es waren Haufen mit Dreck aufgeschüttet, wie auf einer Baustelle. Die Botschaft vor der Botschaft hieß: „Die Mauer schmilzt langsam in sich zusammen, aber es gibt noch viel zu tun.“

„Das war natürlich ein ganz besonderer Anlass, der 20. Jahrestag des Mauerfalls, was man eigentlich jetzt im Moment schwer toppen kann. Und das ist auch gar nicht der Punkt. Es geht, glaube ich, darum hier drei Monate in Ruhe arbeiten zu können, sich auf die Stadt einzulassen, Dialoge zu eröffnen mit Menschen, denen wir begegnen, also ein Netzwerk aufzubauen,“ erklärt der Künstler.

Benjamin Walther mit Manon Awst
Und dazu ist noch genug Zeit, denn die beiden sind noch nicht einmal zwei Tage in Prag. Das hat gerade für das Einziehen und einen kleinen Stadtrundgang gereicht. Benjamin Walther:

„In meinem Fall ist es so, dass ich Prag aus einer kindlichen Perspektive heraus kenne und jetzt als Erwachsener auf Prag schaue. Und das ist natürlich neu und insofern ist die Stadt auch eine fremde Stadt.“

Im März könnte Prag für ihn bereits eine bekannte Stadt sein. Dann wird es auch eine Ausstellung in der Meetfactory geben, in der Manon Awst und Benjamin Walther die Ergebnisse ihrer Prag-Erforschung vorstellen.

Autor: Iris Riedel
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