Bike-Sharing auf Tschechisch – Die rosa Fahrrad-Community

Foto: Archiv Rekola

In den meisten europäischen Großstädten haben sie sich durchgesetzt: Leihstationen für Fahrräder. Prag allerdings war lange eine Ausnahme. Die Stadt gilt nicht gerade als fahrradfreundlich. Seit zwei Jahren gibt es aber auch hier ein System für Bike-Sharing. Es funktioniert jedoch etwas anders als andernorts üblich.

Foto: Archiv Rekola
Es ist kein Unternehmen, sondern eine gemeinnützige Organisation, die das Bike-Sharing vor zwei Jahren erstmals größer aufgezogen hat. Vít Ježek ist ein Mitbegründer von Rekola. Er ist selbst passionierter Fahrradfahrer. Auf seinen Touren bis nach Istanbul oder Paris sind ihm die Fahrradstationen in anderen Städten aufgefallen.

„In Prag gab es so etwas leider nicht. Das fand ich sehr schade, denn gerade mit diesen Bikesharing-Systemen können sich die Menschen sehr einfach durch die Stadt bewegen. Der Grund für das Versäumnis ist meiner Meinung nach, dass man dafür Geld braucht – nicht gerade wenig – und auch politische Unterstützung. Das ist das Problem hier in Prag. Seit zehn Jahren wird darüber gesprochen, aber passiert ist nichts.“

Vít Ježek  (Foto: Martina Pavloušková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Üblicherweise richten die Betreiber feste Stationen am Bahnhof und an zentralen Plätzen ein. Dort kann man sich Räder ausleihen und bei der nächsten Station abgeben. Weil dafür Platz und teure Technik notwendig sind, haben sich die Gründer von Rekola etwas anderes überlegt:

„Wir verwenden eine App. Damit können unsere Mitglieder herausfinden, wo in ihrer Umgebung sich das nächste Fahrrad befindet. Dann bekommen sie einen Code für das Zahlenschloss und können es sich ausleihen. Sie setzen sich aufs Fahrrad, fahren wohin sie wollen und schließen das Fahrrad wieder irgendwo ab. Über die App wird der Standort mitgeteilt, und danach kann es wieder jemand anderes ausleihen.“

Seit der Gründung über ein Crowdfunding-Projekt haben sich in Prag etwa 600 Leute angeschlossen. Sie zahlen pro Monat einen Mitgliedsbeitrag von etwas über fünf Euro oder 18 Euro für sieben Monate. Der Name des Unternehmens ist Programm. Kola, das sind auf Tschechisch Fahrräder, „Re“ kommt von Recycling.

Foto: Archiv Rekola
„Wir bekommen die Fahrräder geschenkt. Es gibt in Tschechien eine Menge alter Fahrräder, die irgendwo ungenutzt auf dem Speicher oder in der Garage stehen. Genau die erhalten wir, renovieren sie und nehmen sie in Betrieb. Das heißt, die Fahrräder sind dann wieder von Nutzen. Unser Fuhrpark setzt sich deshalb aus unterschiedlichen Marken zusammen, zum Beispiel alten Favorit-Fahrrädern. Das waren während des kommunistischen Regimes die beliebtesten Fahrräder überhaupt.“

Foto: ČT Brno
Obwohl es unterschiedliche Marken sind, sind die Fahrräder auf den ersten Blick erkennbar: Vor ihrem zweiten Leben werden sie rosa gestrichen. Angefangen hat damit schon vor Jahren ein bekannter Fahrradaktivist. Er wollte verhindern, dass seine Räder geklaut werden, und weil es funktioniert, hat Rekola die Idee übernommen:

„Außerdem stechen die Räder auf den Straßen einfach hervor, man kann sie identifizieren. Das ist schon sehr wichtig, weil es eben keine Stationen gibt. Daraus ist inzwischen schon eine Art Marke geworden. Wenn man auf dem rosa Fahrrad unterwegs ist und ein zweites sieht, ist das ein Mitglied der Community, mit dem man ins Gespräch kommt.“

Foto: Archiv Rekola
Von Prag aus hat Rekola inzwischen in andere Städte expandiert. Weitere 1000 rosa Fahrräder finden sich nun in Brno / Brünn, Hrádec Kralové / Königgrätz, Olomouc / Olmütz und Pardubice. Demnächst folgt České Budějovice / Budweis.Und auch Touristen haben möglicherweise bald die Möglichkeit, mit Rekola zu fahren. Vít Ježek und seine Mitarbeiter entwerfen gerade ein System mit elektronischen Schlössern, das auch Kurzzeitnutzern offensteht.