Einmarsch 1968: Empörung über Veteranen-Vorstoß

Fото: CIA, Flickr, Public Domain

Russland könnte diejenigen Soldaten als Kriegsveteranen anerkennen, die 1968 an der Niederschlagung des Prager Frühlings beteiligt waren. Das offizielle Tschechien zeigt sich davon brüskiert. Staatspräsident Zeman hat am Donnerstag den russischen Botschafter vorgeladen und eine Erklärung verlangt.

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Lubomír Zaorálek  (Foto: EU2016 SK,  Flickr,  CC0 1.0)
Der Prager Frühling wurde 1968 von Truppen des Warschauer Paktes blutig niedergeschlagen, federführend waren dabei die knapp 400.000 Soldaten aus der Sowjetunion. Laut eines Gesetzesvorschlags der russischen Kommunisten könnten diese früheren Militärs nun offiziell zu Kriegsveteranen erklärt werden. Die Initiatoren des Textes argumentieren dabei vor allem mit höheren Renten für die Armeeangehörigen. Im politischen Tschechien befürchtet man aber fast einstimmig, dass dadurch die Besatzung der Tschechoslowakei gerechtfertigt werden soll. Lubomír Zaorálek leitet den Außenausschuss im Abgeordnetenhaus. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte der Sozialdemokrat und Ex-Außenminister:

„Für Tschechien ist entscheidend, dass die Ereignisse des Jahres 1968 nicht fehlerhaft interpretiert werden.“

Jan Lipavský  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
So sieht es auch Jan Lipavský von den oppositionellen Piraten. Er vertritt die Partei im Außenausschuss:

„Wir wissen ja, dass Russland die Wahrheit durch die Verbreitung von Desinformationen relativiert. Als politische Vertreter Tschechiens müssen wir klar Haltung zeigen und deutlich sagen, was wir darüber denken. Deshalb hat der Außenausschuss des Abgeordnetenhauses das Außenministerium dazu aufgefordert, weiter aktiv ein Umschreiben der Geschichte zu verhindern.“

Beide tschechischen Parlamentskammern verurteilten in Resolutionen den Gesetzesentwurf. Lediglich im Abgeordnetenhaus gab es dazu eine Gegenstimme vom kommunistischen Abgeordneten Stansilav Grospič. Dieser warnte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk vor antirussischer Hysterie. Überraschend scharf war auch die Reaktion von Tschechiens Präsident Milos Zeman, dem Staatsoberhaupt wird von Kritikern eine zu freundliche Haltung gegenüber dem Kreml vorgeworfen. Präsidentensprecher Jiří Ovčáček teilte am Donnerstag mit:

Alexander Smejewski  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Das Staatsoberhaupt hat den Entwurf als freche Provokation bezeichnet gegenüber der Tschechischen Republik und ihrem Präsidenten persönlich. Es hat dem Botschafter Moskaus deutlich gemacht, dass eine Annahme des Gesetzes die Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der Tschechischen Republik auf lange Sicht massiv beschädigen würde.“

Am Donnerstag lud Zeman deshalb den russischen Botschafter in Prag vor, der die Angelegenheit erklären sollte. Der Diplomat Alexander Zemejewski versicherte ihm, dass vom offiziellen Kreml keine Unterstützung für den Vorstoß der Kommunisten in der Duma zu erwarten sei:

„Ich habe die Sicht auf die damaligen Ereignisse bekräftigt, wie sie im Vertrag zu den Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der Tschechischen Republik aus dem Jahr 1993 festgeschrieben sind. Diese Position vertritt auch die Regierung meines Landes.“

Duma  (Foto: FOTOBANK.ER,  CC BY-SA 3.0)
Exakt diesen Standpunkt bestätigte auch Russlands Chefdiplomat Sergej Lawrow bei Gesprächen in der Slowakei. Im dem Vertrag zwischen Moskau und Prag aus dem Jahr 1993 wird der Einmarsch des Jahres 1968von beiden Seiten klar verurteilt. Lawrows tschechischer Amtskollege Tomáš Petříček lobte diese Haltung:

„Ich bin froh, dass es wiederholt von vielen hohen Stellen in Russland heißt, dass diese Gesetzesinitiative von einigen wenigen kommunistischen Abgeordneten komme und keine breite Unterstützung in Moskau habe.“

Der ganze Gesetzesvorschlag ist übrigens nicht neu, schon 2016 brachten die Kommunisten ihn im russischen Parlament ein. Damals wurde er schon in der ersten Lesung abgelehnt. Wann der wiederholte Vorstoß auf den Brettern der Duma verhandelt werden soll, ist bisher noch unklar.