Geteilte Meinungen in Tschechien zum EU-Personalpaket

Andrej Babiš (Foto: ČTK / Jakub Dospiva)

Es ist eine überraschende Volte, die der EU-Gipfel am Dienstag noch genommen hat. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wurde aus dem Hut gezaubert als Kandidatin für den EU-Kommissionvorsitz. Während Premier Andrej Babiš mit dazu beigetragen hat, dass die CDU-Politikerin nominiert wurde, sind die tschechischen Europaabgeordneten geteilter Meinung über diese Personalie.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Jakub Dospiva)
Es war eine äußerst schwierige Geburt. Noch am Montag schienen die Beratungen der europäischen Staats- und Regierungschefs zu scheitern. Das lag auch an den Vertretern der vier Visegrád-Staaten. Sie hatten sich vorher darauf verständigt, eine gemeinsame Position zu vertreten. Beim Spitzenkandidaten der Europäischen Sozialdemokraten, dem Niederländer Frans Timmermans, bedeutete dies eine klare Ablehnung. Dazu der tschechische Premier Andrej Babiš bereits am Sonntag:

„Herr Timmermans hat sich mehrfach bereits negativ über unsere Region geäußert. Er hat auch ganz andere Ansichten zur Flüchtlingspolitik als wir. Als Mensch hat er nicht viel übrig für den früheren Ostblock.“

Ursula von der Leyen  (Foto: ČTK / AP Photo / Markus Schreiber)
Aber auch der Spitzenkandidat der Konservativen, Manfred Weber, fand keinen Gefallen. Vor allem der ungarische Premierminister Viktor Orbán wollte den deutschen Politiker nicht als Kommissionspräsidenten. Und so kippte der Europäische Rat das Prinzip der Spitzenkandidaten und nominierte von der Leyen – auch zur Zufriedenheit von Babiš:

„Sie ist eine konservative Politikerin mit langjähriger Erfahrung aus der deutschen Regierung. Aber sie war auch schon in der Privatsphäre beschäftigt.“

Außer von der Leyen nominierten die europäischen Staats- und Regierungschefs noch ihre Kandidaten für die anderen Spitzenpositionen in der EU. Unter ihnen befindet sich allerdings niemand aus den neuen Mitgliedsländern. Das stört den tschechischen Premier jedoch nicht:

Mikuláš Peksa  (Foto: Aktron,  Wikimedia Commons,  Public Domain)
„Ganz im Gegenteil. Zu sehen ist nämlich, dass die Visegrád-Gruppe zusammen mit Italien ihre Vorstellungen gegen alle anderen durchgesetzt hat.“

Andrej Babiš sagte noch am Dienstagabend, er hoffe, dass alle 21 tschechischen EU-Abgeordneten für das in Brüssel ausgehandelte Personalpaket stimmen würden. Am 16. Juli müssen nämlich erst noch die Europaparlamentarier entscheiden, ob sie den Vorschlag überhaupt akzeptieren. Nach Ende des Gipfels waren viele Abgeordnete jedoch aufgebracht. So auch Mikuláś Peksa von der tschechischen Piratenpartei, der in Straßburg der Fraktion der Grünen/EFA angehört:

„Leider umgeht der Vorschlag das System der Spitzenkandidaten, bei dem den Wählern vermittelt wurde, dass sie auch über den möglichen künftigen Kommissionspräsidenten entscheiden. Die Ergebnisse der Europawahl wurden ignoriert und neue Namen hervorgekramt. Wie sollen die Wähler da Vertrauen aufbauen?“

Dita Charanzová  (Foto: Fred Marvaux / EP-079361A / Archiv des Europäischen Parlaments)
Dita Charanzová, die für Babiss Partei Ano ins Europaparlament eingezogen ist, lobte hingegen den Kompromiss. Allerdings gestand sie am Dienstagabend im Tschechischen Fernsehen, dass nicht alle Mitglieder der liberalen Alde-Fraktion dies so sehen dürften:

„Wir hatten gerade eine große Debatte, und einige Kollegen haben starke Kritik geäußert. Das betraf zum einen, dass die Idee der Spitzenkandidaten nicht eingehalten wurde, deren Anhängerin ich allerdings überhaupt nicht bin. Zum anderen hatten einige die Vorstellung, dass unsere Fraktion bei der Besetzung der Posten mehr hätte bekommen sollen. Ich hoffe aber, dass die Koalition, die sich abzeichnet, letztlich grünes Licht geben wird.“

Das aber dürfte laut dem Piraten Peksa dann einiges kosten:

„Sollte die neue Kommission die Zustimmung im Europäischen Parlament erhalten, dann wird sie ein sehr gutes Programm für die kommenden fünf Jahre präsentieren müssen. Es wäre fatal, wenn auf eine schlechte Wahl des Personals auch noch ein schlechtes Programm folgen würde.“