Kurdenpolitiker vorläufig frei – Ankara erzürnt

Salih Muslim (Foto: ČTK)

Ein Gericht in Prag hat den syrisch-kurdischen Politiker Salih Muslim vorläufig auf freien Fuß gesetzt. Das hat zu heftigen Protesten der türkischen Regierung geführt.

Salih Muslim  (Foto: ČTK)
Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Kurden lautstark für die Freilassung von Salih Muslim. Der Ex-Chef der syrischen Kurdenpartei PYD war am Wochenende von der tschechischen Polizei festgenommen worden, der Grund war ein internationaler Haftbefehl der Türkei. Am Dienstag musste das Prager Stadtgericht entscheiden, ob Untersuchungshaft gegen Muslim angeordnet wird. Nach der Verhandlung trat Miroslav Krutina, der Anwalt des Kurdenpolitikers, vor die Mikrophone:

„Mein Mandant ist freigelassen worden. Zugleich hat das Gericht seine schriftliche Versicherung angenommen, dass er sich einem weiteren Verfahren nicht entziehen werde.“

Einer Gerichtssprecherin zufolge darf Muslim die Europäische Union nicht verlassen. Über eine Auslieferung des 67-Jährigen muss noch entschieden werden. Der türkische Regierungssprecher Bekir Bozdağ kritisierte die Freilassung scharf – und er drohte mit diplomatischen Sanktionen:

Foto: Thomas Maltby,  CC BY-SA 2.0
„Diese Entscheidung widerspricht internationalem Recht und dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen. Das zeugt klar von der Unterstützung einer Terror-Organisation und wird negative Folgen haben für die Beziehungen zwischen der Türkei und Tschechien.“

Noch im Laufe des Dienstags schickte Ankara eine offizielle Protestnote nach Prag. Doch das tschechische Außenministerium weist die Vorwürfe zurück:

„Die Tschechische Republik hat mit der Entscheidung des Prager Stadtgerichts nicht gegen Verpflichtungen internationalen Rechts verstoßen, auch nicht gegen das Europäische Auslieferungsübereinkommen. Sollte die Türkei uns einen Auslieferungsantrag zukommen lassen, werden sich die zuständigen Organe hierzulande in Übereinstimmung mit den internationalen Rechtsverpflichtungen damit befassen“, so Ministeriumssprecherin Michaela Lagronová.

Bombenanschlag in Ankara  (Foto: Mahmut Bozarslan,  Public Domain)
Die Türkei wirft Muslim vor, er habe sich 2016 in Ankara an Anschlägen mit zahlreichen Toten beteiligt. Aber auch schon die Mitgliedschaft in der PYD gilt für das Regime von Erdoğan als Terrorunterstützung. Muslim bezeichnet die Vorwürfe als „Lügen“.

Ankara muss nun innerhalb einer Frist von 40 Tagen Unterlagen zur Auslieferung Muslims bei den tschechischen Behörden einreichen. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass zwei junge Tschechen in der Türkei in Haft sitzen. Sie sollen in Syrien die kurdische YPG-Miliz unterstützt haben. Der türkische Justizminister Abdulhamit Gül verneinte indes, dass ein Tauschhandel – Muslim gegen die beiden Tschechen – Gegenstand von Gesprächen zwischen Prag und Ankara sei.