Meditatives Mittelalter-Roadmovie: Tschechischer Film siegt in Karlsbad

„Křižáček“

Es ist mittlerweile 15 Jahre her, dass ein tschechischer Streifen beim Filmfestival in Karlovy Vary / Karlsbad gewonnen hat. Nun hat ein durchaus gewagtes und umstrittenes Werk hiesiger Produktion die Jury überzeugt. Der Film heißt Křižáček (der kleine Kreuzritter). Die Auszeichnungen des internationalen Filmfestivals wurden am Samstag überreicht.

Václav Kadrnka  (Foto: ČTK)

Minimalistisch ist der Film von Václav Kadrnka. Er spielt im Hochmittelalter. Die Handlung dreht sich um einen kleinen Jungen, der von zu Hause ausbüchst. Er will auf den Spuren der Kinder-Kreuzzüge wandeln. Sein Vater, Ritter Borek, versucht ihn jedoch wiederzufinden und zurückzubringen. Daraus ist ein doppeltes historisches Roadmovie entstanden. Zwar werden auch die Schwerter gezogen wie in einem Kostümdrama, doch in großen Teilen ist der Film sehr meditativ. Eine bewusste Wahl, wie Regisseur Kadrnka erläutert:

„Meiner Meinung nach beruht das Kino immer mehr auf einem bestimmten Schema. Die Zuschauer wollen manipuliert werden. Sie wollen zu künstlichen Gefühlen gebracht werden. Ich finde aber, ein Film sollte Ansprüche an den Zuschauer stellen. Deswegen habe ich den ‚Kleinen Kreuzritter‘ bewusst so gedreht wie eine Andacht. So dass man wirklich viel opfern muss, um etwas zu bekommen.“

Der Film Křižáček beruht auf einem Gedichtepos des tschechischen Romantikers Jaroslav Vrchlický.

Wind River mit Jeremy Renner  (links). Foto: Film Servis Festival Karlovy Vary

Die Festivalbesucher hat die schwere Kost jedoch nicht so überzeugt wie ein anderer Film eher gängigen Zuschnitts: Wind River ist ein amerikanischer Krimi, der in einem Indianerreservat spielt. In Karlsbad haben insgesamt 77.000 Zuschauer abgestimmt und den Film zu ihrem Liebling erkoren. Den Preis nahm Jeremy Renner entgegen, der die Hauptrolle spielt. Der Amerikaner erhielt zudem eine spezielle Auszeichnung der Festivalleitung. Damit wurde Renner für seine bisherigen Leistungen für das Weltkino geehrt. Für den 46-jährigen Hollywood-Schauspieler war Karlsbad aber nicht der erste Aufenthalt in Tschechien:

„Vor vier oder fünf Jahren hatte ich mit dem Team von Tom Cruise eine tolle Zeit in Prag, als wir Aufnahmen zu Mission Impossible 4 gedreht haben. Tom Cruise ist dann nach Dubai und Vancouver weitergereist. Ich hatte in Prag auch viel freie Zeit und bin in die Gegend hinausgefahren. Tschechien ist ein wunderschönes Land.“

Václav Vorlíček  (Foto: Film Servis Festival Karlovy Vary)

Besondere Ehren wurden auch einem ganz Großen des tschechischen Kinos zuteil: Václav Vorlíček. Er ist der Märchenfilmemacher schlechthin hierzulande. Auch in Deutschland unvergessen sind natürlich „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Aber ebenso stammt die Fernsehserie „Die Märchenbraut“ von ihm. In Karlsbad wurde Vorlíček für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Der 87-Jährige gab sich jedoch bescheiden:

„Ich danke Ihnen für den Applaus. Als ich gerade den Zusammenschnitt all meiner Werke gesehen habe, habe ich Momente entdeckt, bei denen ich mir sage: ‚Das hättest du vielleicht nicht machen müssen.‘“

Weitere Preise gingen am Samstag beispielsweise an einen Film, in dem traumatisierte Veteranen aus dem Jugoslawienkrieg spielen. Die beste Regie sah die Jury wiederum im Streifen Čára des slowakischen Regisseurs Peter Bebjak.

Autor: Till Janzer
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