Meister des Horrors und des schwarzen Humors

Juraj Herz (Foto: Martina Schneibergová)

Der Filmregisseur Juraj Herz ist tot. Er ist am Sonntag nach langer Krankheit im Alter von 83 Jahren gestorben. Seine Filme hatten immer eine sehr spezielle Stimmung, häufig waren sie verstörend, auch wenn es etwa Märchen waren. Ein Nachruf.

Juraj Herz  (Foto: Martina Schneibergová)
Der Film „Der Leichenverbrenner“ von 1968 bedeutete für Juraj Herz den Durchbruch. Der Regisseur hatte den gleichnamigen Roman von Ladislav Fuks als Vorlage genutzt. Herz machte daraus einen der wichtigsten Filme der tschechoslowakischen Neuen Welle. Damals habe er die künstlerische Freiheit des Prager Frühlings genossen, sagte der Filmemacher vor einem Jahr dem Tschechischen Fernsehen.

„Ich konnte den Film so drehen, wie ich es wollte. Keine kommunistischen Dramaturgen haben sich eingemischt. Von Anfang bis Ende ist dies mein Film.“

Bald nach der Kinopremiere verschwand der Streifen jedoch im Tresor. Zuvor hatten die Truppen des Warschauer Paktes die Reformbewegung „Prager Frühling“ niedergeschlagen. Und es war wieder Konjunktur für jene Konformisten, die Juraj Herz in seinem Film kritisiert hatte.

Herz stammte aus dem slowakischen Kežmarok. Als Junge wurde er wegen seiner jüdischen Abstammung ins KZ verschleppt. Er und auch der Rest seiner Familie überlebten jedoch den Holocaust. Allerdings hätten die Erlebnisse im KZ alle seine Erinnerungen an schöne Kindheitstage verdrängt, sagte Juraj Herz im Tschechischen Fernsehen:

„Wenn man KZ sagt, hat jeder eine Horrorvorstellung. Dies stimmt auch. Denn jeden Tag mussten wir damals um vier Uhr aufstehen und wurden gezählt, während draußen vor uns die Toten lagen. Sie waren entweder gestorben oder zu Tode geschlagen worden.“

In den 1950er Jahren studierte Juraj Herz Fotografie an der Kunstgewerbeschule in Bratislava und Puppenspiel an der Theaterakademie in Prag. In den 1960er Jahren arbeitete er mit Filmregisseur Ján Kádár an dessen Oscar-Film „Das Geschäft auf der Hauptstraße“ zusammen. Sein eigener Debütfilm „Gesammelte Rohheiten“ entstand nach einer Erzählung von Bohumil Hrabal.

Nach 1968 und dem Verbot des „Leichenverbrenners“ hatte Herz Probleme mit der Zensur. Er wählte daher ein apolitisches Thema für seinen nächsten Film: „Die standesgemäße Ehe“ wurde 1972 für die Goldene Palme in Cannes nominiert. 1978 entstanden die vermutlich bekanntesten Filmmärchen von Juraj Herz, die viel Horrorelemente enthalten: „Die Schöne und das Ungeheuer“ und „Das neunte Herz“.

1987 emigrierte der Filmregisseur mit seiner Frau nach Deutschland. Zuvor hatte er für das ZDF den Märchenfilm „Die Galoschen des Glücks“ gedreht. Es folgten unter anderem „Der Froschkönig“ mit Iris Berben oder „Des Kaisers neue Kleider“. Nach der Rückkehr nach Tschechien setzte Herz seine Regiearbeit fort. 2010 kam sein letzter Film „Habermann“ in die Kinos. Für die diese Geschichte eines Unternehmers aus dem Sudetengebiet wurde Herz mit dem Bayerischen Filmpreis für die beste Regie ausgezeichnet.

Juraj Herz verfolgte das Filmgeschehen in Tschechien. Vor einem Jahr war er Juryvorsitzender beim Internationalen Filmfestival Febiofest in Prag. Gegenüber Radio Prag sagte der Regisseur damals:

„Ich freue mich sehr darüber, mit dabei zu sein. Denn das Febiofest ist etwas Phantastisches und wird jedes Jahr besser. Es kommen immer viele junge Menschen zum Festival. Ich liebe Filme sehr. Den letzten Film habe ich vor etwa sieben Jahren gedreht, leider ist der Produzent, mit dem ich nun ein weiteres Drehbuch erarbeitet habe, kurz vor Beginn der Dreharbeiten gestorben. Und für mich ist es nicht einfach, einen Produzenten zu finden.“

Das sagte Juraj Herz voriges Jahr beim Festival Febiofest. Insgesamt hat er mehr als 25 abendfüllende Filme gedreht. Vor neun Jahren wurde er mit dem Filmpreis „Böhmischer Löwe“ und 2010 beim Internationalen Filmfestival in Karlsbad mit dem Kristallglobus für das Lebenswerk geehrt. Und der slowakische Staatspräsident Andrej Kiska zeichnete ihn 2017 mit dem Orden des Weißen Doppelkreuzes aus.