Merkel in Bratislava: Probleme befördern Dialog

Angela Merkel mit den Regierungschefs der Visegrád-Gruppe (Foto: ČTK / Martin Mikula)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in Bratislava mit den Regierungschefs der Visegrád-Gruppe getroffen. Dabei zeigten sich alle Seiten konsensbereit und offen für gemeinsame Projekte in der Zukunft. Und das auch in der Flüchtlingsfrage.

Angela Merkel mit den Regierungschefs der Visegrád-Gruppe  (Foto: ČTK / Martin Mikula)
Das Verhältnis zwischen Angela Merkel und den Spitzen der vier Visegrád-Staaten ist nicht immer harmonisch. Auch deshalb wurde das Treffen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs aus Tschechien, Polen, Ungarn und der Slowakei in Bratislava am Donnerstag mit Spannung erwartet. Zu einem Ergebnis ist man dann aber doch schnell gekommen: Bei all den Problemen in Europa muss man miteinander reden. Das jedoch in einem klar abgesteckten Rahmen, wie Tschechiens Premier Andrej Babiš bei der gemeinsamen Pressekonferenz betonte:

„Uns stehen in Kürze Europawahlen bevor, die richtungsweisend sein könnten. Denn die Europäische Union hat derzeit genug Probleme – den Brexit, die angespannten Wirtschaftsbeziehungen mit den USA, die Russlandsanktionen, die Migration. Dabei ist es meiner Meinung nach wichtig, dass sich die EU ändert. Vor allem die Europäische Kommission muss wieder die Rolle übernehmen, die ihr von den Verträgen vorgegeben ist.“

Foto: Pixaline,  Pixabay / CC0
Merkel und die vier ostmitteleuropäischen Regierungschefs waren sich beispielsweise beim Brexit einig, dass dieser unbedingt geregelt ablaufen müsse. Denn gerade der Austritt Großbritanniens aus der EU treibt gleich in mehreren Fragen den Schweiß auf die Stirn der Visegrád-Premierminister. Einerseits sind das die Rechte der eignen Bürger im Vereinigten Königreich, wobei da vor allem Polen auf mehr Rückhalt aus Brüssel hofft. Auf der anderen Seite sind es die anstehenden EU-Haushaltsverhandlungen. Denn wenn London als Netto-Zahler wegfällt, müssten gerade Warschau, Prag, Bratislava und Budapest mit weniger Geld für Investitionsprojekte rechnen. Das lässt sogar den größten EU-Kritiker in der Runde, Ungarns Premier Viktor Orbán, ein starkes Europa fordern.

Foto: teens4unity,  Flickr,  CC BY-ND 2.0
Für mehr Zusammenhalt in der Union hatte Tschechiens Regierungschef dann auch eine klare Vision: Der Schengenraum sollte ausgeweitet werden. Noch sind beispielsweise Kroatien, Rumänien oder Bulgarien nicht Teil des Schlagbaum-freien Gebiets innerhalb Europas. Die Aufnahme war stets auch am Widerstand Berlins gescheitert, das mehr Anstrengungen der Staaten beim Kampf gegen Korruption und Kriminalität fordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte auch diesmal, dass man dahingehend weitere Prioritäten setzen müsse:

„Wir brauchen und wollen den Schengenraum, dazu haben wir uns klar bekannt. Das bedeutet aber auch den Schutz der Außengrenzen und dass wir eine legale Migration brauchen, die die Mitgliedsstaaten bestimmen. Und eben keine illegale Migration.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Martin Mikula)
Dabei ist es gerade die Flüchtlingsfrage, die nach 2015 einen Graben im Verhältnis zwischen Deutschland und der Visegrád-Gruppe aufgerissen hat. Doch auch da nährte man sich in Bratislava an, Andrej Babiš brachte nämlich ein gemeinsames Projekt auf diesem Gebiet ins Gespräch:

„Die Debatte heute hat sich unter anderem darum gedreht, dass die meisten illegalen Migranten derzeit über Marokko nach Europa kommen. Ich habe bereits im Europäischen Rat gesagt, dass wir in diesem Zusammenhang eine Annäherung zwischen Marokko und Algerien fördern sollten. Die Beziehungen da sind derzeit nicht die besten. Außerdem könnten wir Rabat ein konkretes Projekt vorschlagen, bei dem wir eine klare Richtung in der Flüchtlingsfrage aufzeigen.“

Dabei müsse laut Babiš aber klar und deutlich gezeigt werden, welchen Beitrag Tschechien in einem solchen Projekt leistet. Denn bisher gebe Prag viel Geld für die Flüchtlingshilfe aus, so der Premier, gewürdigt werde das aber nicht ausreichend. Dass Babiš übrigens gerade eine Kooperation mit Marokko ins Auge fasst, ist kein Zufall. Immerhin lebte er Ende der 1980er Jahr dort und hat erst kürzlich bei einem Besuch in dem nordafrikanischen Land neue Kontakte angeknüpft.