Misstrauensvotum gescheitert, Koalition schwankt

Foto: ČTK / Vít Šimánek

Das Regierungskabinett von Premier Andrej Babiš (Partei Ano) hat am frühen Donnerstagmorgen einen Misstrauensantrag oppositioneller Parteien überstanden. Der Abstimmung waren 18 Stunden Debatte vorausgegangen.

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Am Ende waren die tschechischen Abgeordneten so ausgelaugt, dass sie das Ergebnis fast nur noch zur Kenntnis nahmen.

85 Abgeordnete stimmten zwar für den Misstrauensantrag, aber 101 Stimmen wären nötig gewesen. Ebenfalls 85 Parlamentarier votierten gegen den Vorstoß. Es waren die Vertreter der Regierungsparteien Ano und Sozialdemokraten. Die Kommunisten, die die Minderheitsregierung stützen, enthielten sich. Insgesamt 18 Abgeordnete fehlten.

Die Vertrauensfrage initiiert hatten fünf Parteien vor allem der konservativen Opposition. Miroslav Kalousek ist Vorsitzender der Top 09 und sagte während der Debatte:

Miroslav Kalousek  (Foto: Lukáš Vrána,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
„Die wichtigsten Gründe für den Misstrauensantrag sind der Interessenskonflikt des Premierministers, die schleichende Aushöhlung von Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaats und die unglaubliche Schande, die der Regierungsvorsitzende uns im Ausland bereitet.“

Kalousek spielte damit auf ein Audit der Europäischen Kommission an. Die Beamten in Brüssel haben überprüft, ob Andrej Babiš wegen seines früheren Konzerns Agrofert weiter in einem Interessenskonflikt steht. Eine vorläufige Fassung der Studie gibt es zwar bereits, doch die Regierung weigert sich, die Ergebnisse zu veröffentlichen. Laut mehreren Berichten hat die Kommission den Verdacht des Interessenskonflikts bestätigt und will die Fördergelder an Agrofert zurückerhalten.

Antonín Staněk  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der Premier hingegen deutete in seiner Rede an, dass die Oppositionsparteien zu ihren Regierungszeiten noch viel dreister vorgegangen seien. Und weiter sagte der Ano-Parteichef über den Misstrauensantrag:

„Ich halte diese Initiative für einen Versuch, unser Land zu destabilisieren. Und ich hoffe, dass niemand die Idee vorgezogener Neuwahlen ernst nimmt. Wir wollen sie jedenfalls nicht.“

Die Hoffnung der Oppositionsparteien ruhte vor allem darauf, dass es den Sozialdemokraten reichen könnte. Denn der Juniorpartner in der Regierung ist mit einigen Entwicklungen unzufrieden. Während der Parlamentsdebatte über den Misstrauensantrag kochte vor allem ein Thema hoch: dass Staatspräsident Miloš Zeman sich weigert, Kulturminister Antonín Staněk abzuberufen. Die Sozialdemokraten wollten nach scharfer Kritik an der Arbeit des Ministers diesen aus der Schusslinie nehmen. Weder der Premier, noch der Präsident haben sich bisher darum gekümmert. Das hat die Führung der Partei aufgebracht.

Jan Hamáček  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
In der Nacht konnten sich die Sozialdemokraten trotzdem noch einmal dazu durchringen, die eigene Regierungskoalition zu stützen. Doch im Laufe des Donnerstagvormittags ist das Bündnis mit der Ano ins Schwanken gekommen. Die Sozialdemokraten drohen mittlerweile mit dem Rücktritt ihrer Minister, sollte der Wechsel an der Spitze des Kulturressorts nicht bis Sonntag über die Bühne gehen.

„Die einzige Lösung ist, dass Antonín Staněk in Übereinstimmung mit der Verfassung abberufen und Michal Šmarda als dessen Nachfolger ernannt wird. Das entspricht auch dem Koalitionsvertrag“, so Parteichef Jan Hamáček.

Illustrationsfoto: Klára Stejskalová
Im dem Vertrag steht nämlich, dass der Premier die Personalwünsche des Koalitionspartners berücksichtigen sollte. Tatsächlich hat Babiš auch bereits bei Präsident Zeman um den Austausch des Kulturministers ersucht. Zeman beruft sich aber darauf, dass in der Verfassung nicht steht, wie schnell dies geschehen muss.

Auch wenn das Staatsoberhaupt nun einlenken sollte, gibt es weitere Stolpersteine für die Koalition. So zum Beispiel im Haushaltsentwurf für kommendes Jahr. Die parteilose, aber von der Ano nominierte Ministerin Alena Schillerová plant Kürzungen gerade in den Bereichen sozialdemokratisch geführter Ministerien. Hamáček drohte bereits, dass man nicht für den Haushalt stimmen werde, wenn nicht nachgebessert würde.