Navigationsfehler: Vor 75 Jahren fielen Bomben auf Prag

Zerstörtes Haus in der Straße Vinohradská (Foto: Archiv der Prager Verkehrsbetriebe)

Amerikanische Bomber verwechselten vor 75 Jahren Prag mit Dresden. Das soll einerseits am schlechten Wetter gelegen haben, andererseits sei es zu einem Navigationsfehler gekommen. Damit erklären sich die Historiker heute den alliierten Luftangriff auf Prag vom 14. Februar 1945.

Zerstörtes Haus in der Straße Vinohradská  (Foto: Archiv der Prager Verkehrsbetriebe)

Jaroslava Vernerová,  foto: ČT24
Am frühen Nachmittag des 14. Februar 1945 heulten in Prag die Luftschutzsirenen. Jaroslava Vernerová war damals 15 Jahre alt und wohnte im Stadtteil Dejvice.

„Da mussten immer alle in den Luftschutzraum gehen. So wurde das genannt, es handelte sich immer um einen Kellerraum.“

Der Luftangriff dauerte damals nur vier Minuten. 62 Bomber der US-Airforce flogen über Prag. Die ersten Bomben fielen auf den Stadtteil Smíchov, die meisten auf die Prager Neustadt am rechten Moldauufer und auf den Stadtteil Vinohrady. Jaroslava Vernerová fuhr nach dem Luftangriff ins Stadtzentrum. Im Tschechischen Fernsehen erinnerte sie sich daran:

„Dort waren lauter Trümmerhaufen. Das Kloster Emaus war zerstört. In Vinohrady sah es schrecklich aus.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Bei dem Luftangriff starben 701 Menschen, es gab fast 1200 Verletzte. 70 Häuser wurden zerstört, eine Reihe von Gebäuden beschädigt. Das Ziel der Bomber war Dresden, aber der Flug der Airforce wurde damals von einigen ungünstigen Umständen begleitet, erzählte Michal Plavec im Tschechischen Fernsehen. Er ist Kurator der Flugzeugsammlung im Prager Nationalmuseum für Technik.

„Erstens haben die Offiziere des Militärnachrichtendienstes den Angriff schlecht geplant. Über den Niederlanden wurden die Bomber von der deutschen Luftabwehr angegriffen und waren gezwungen, in Richtung Süden zu fliegen. Infolgedessen hielten sie sich nicht mehr an den ursprünglich festgelegten Kurs. Über fast ganz Europa war es bewölkt. Zudem wehte ein starker Nordwestwind.“

Michal Plavec  (Foto: Archiv von Michal Plavec)
Michal Plavec machte darauf aufmerksam, dass die Bewohner von Prag und ganz Böhmens den Warnungen vor einem Luftangriff keine allzu große Aufmerksamkeit schenkten.

„Denn sie meinten, die Amerikaner seien ja ihre Verbündeten. Zudem ist eine weitere Tatsache interessant. Der Staatsminister im Protektorat Böhmen und Mähren, K. H. Frank, ließ im Sommer 1944 eine Analyse zu den Luftschutzräumen in Prag ausarbeiten. Es zeigte sich, dass deren Kapazität nur für 13,5 Prozent der Bewohner von Prag ausgereicht hätte.“

In einem Haus in der Straße Vinohradská wurden die sterblichen Überreste von Opfern des Luftangriffs erst 1971 gefunden. Die Menschen hatten das Bombardement im Luftschutzraum eigentlich überlebt, doch auf eine Rettung aus dem verschütteten Keller hätten sie vergeblich gewartet, sagt Michal Plavec.

„Erst beim Umbau des Hauses 25 Jahre nach dem Luftangriff wurden im Keller 23 Opfer gefunden. Es waren Menschen, die damals im Keller nach Schutz vor den Bomben gesucht hatten.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Das Bombardement entfesselte im Protektorat eine Propagandakampagne gegen die Alliierten. Auch die kommunistische Propaganda missbrauchte den Luftangriff, um den Hass gegen Großbritannien und die USA zu schüren. Die Historiker sehen es heute als erwiesen an, dass der Luftangriff auf Prag durch einen Navigationsfehler verursacht wurde.