Präzedenzfall bei Kirchenrestitution: Orden erhält Recht gegen Grundbuchamt

Foto: Tschechisches Fernsehen

Der tschechische Staat hat 2013 mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften eine Vereinbarung über die Rückgabe des Kircheneigentums geschlossen, das vom kommunistischen Regime verstaatlicht wurde. Nicht immer verläuft die sogenannte Kirchenrestitution jedoch glatt. Am Donnerstag kam es allerdings zu Gerichtsurteilen, die als Durchbruch bewertet werden.

Borromäerinnen  (Illustrationsfoto: Tschechisches Fernsehen)
Es sind zwei bisher einzigartige Entscheidungen, die das Kreisgericht in Hradec Králové / Königgrätz zu den Kirchenrestitutionen gefällt hat. In beiden Fällen handelt es sich um die Rückgabe von Grundstücken, über die eine Schnellstraße beziehungsweise eine Landstraße führen sollen. Im ersten Fall gab das Gericht der Beschwerde des katholischen Ordens der Borromäerinnen statt, im zweiten Fall der Beschwerde einer römisch-katholischen Pfarrei in Hradec Králové. Das Grundbuchamt hatte zuvor die Rückgabe der Grundstücke abgelehnt. Der Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz, Tomáš Holub, kommentierte die Urteile im Tschechischen Fernsehen:

Felder in Chomutice  (Foto: ČT24)
„Ich hoffe, dass diese Entscheidungen auch weitere Gerichtsentscheidungen beschleunigen werden sowie die Möglichkeit, Vereinbarungen zu schließen. Ich verstehe, dass der Staat zuvor oft auf ein Präzedenzurteil eines Gerichts gewartet hat.“

Über die Felder in Chomutice unweit von Jičín / Jitschin, die den Borromäerinnen gehörten, soll in Zukunft die Schnellstraße R35 aus Hradec Králové nach Jičín führen. In Chomutice kümmern sich die Ordensschwestern seit dem 19. Jahrhundert um alte und kranke Menschen. Der Anwalt des Ordens, Stanislav Hykyš, erklärte:

Stanislav Hykyš  (Foto: Archiv Koalice pro Pardubice)
„Wir schlagen vor, dass der Staat die Grundstücke zunächst zurückgibt. Bei einem Straßenbau wird der Orden vom Staat dann gemäß Gesetz eine Reallast fordern.“

Der Orden werde den Bau der Schnellstraße nicht verhindern, so der Anwalt. Kurz darauf fasste das Kreisgericht ein ähnliches Urteil, mit dem einer Pfarrei am Stadtrand von Hradec Králové ein Grundstück zurückgegeben wird. Über das Grundstück soll eine kleine Landstraße führen.

Das Grundbuchamt besteht indes darauf, dass sich auf die zuständigen Grundstücke eine Ausnahme beziehe. Demnach handle es sich bei beiden geplanten Straßen um öffentlich nützliche Bauvorhaben, und diese hätten Vorrang vor der Restitution. Die staatliche Straßen- und Autobahndirektion (ŘSD) verwies jedoch darauf, dass weder die Borromäerinnen noch die Gemeinde den Straßenbau behindern wollen. Jan Rýdl ist Sprecher der Direktion:

Illustrationsfoto: World of Oddy,  CC BY-NC-SA 2.0
„Es gibt Anzeichen dafür, dass die Grundstücke nicht blockiert werden. Dies ist für uns einfach das Beste.“

Den Kirchen soll laut dem Restitutionsgesetz Eigentum im Wert von 75 Milliarden Kronen (2,74 Milliarden Euro) zurückgegeben werden. Das Restitutionsgesetz soll allmählich zur Trennung der Kirche vom Staat führen.