Prag hofft auf Einigung bei Brexit

Das britische Unterhaus hat den Brexit-Deal abgelehnt (Foto: ČTK / AP / Mark Duffy)
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Das britische Unterhaus hat den Brexit-Deal abgelehnt. Auch in Tschechien ist man nun ratlos und angespannt.

Das britische Unterhaus hat den Brexit-Deal abgelehnt  (Foto: ČTK / AP / Mark Duffy)
Am Ende war es eine Ohrfeige für die britische Premierministerin Theresa May. Mit 432 Nein- und nur 202 Ja-Stimmen wurde ihre Brexit-Abmachung mit Brüssel deutlicher als erwartet abgelehnt. Wie es nun weitergehen soll, das weiß im Moment niemand. Und das nicht nur in London, sondern auch in Berlin, Paris, Rom oder Prag. Dass der Deal so deutlich abgelehnt wurde, überraschte unter anderem Tomáš Prouza vom tschechischen Verband für Industrie und Verkehr. Er sieht deshalb schwarz für die politische Zukunft der britischen Regierungschefin. Und auch die Chancen auf einen geregelten Brexit stehen laut dem ehemaligen EU-Beauftragten der tschechischen Regierung schlecht:

„Ich hätte eine Ablehnung mit etwa 120 Stimmen Mehrheit erwartet. Das tatsächliche Ergebnis ist nun aber doch sehr brutal. Theresa May wird es nun sehr schwer haben, auch eine überarbeitete Fassung des Vertrages durchzubringen.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Pool Photo via AP / Athit Perawongmetha)
Tschechiens Premier Andrej Babiš meldete sich schon im Vorfeld des Votums aus Singapur. Der Regierungschef wollte da noch keine voreiligen Schlüsse ziehen:

„Man kann bisher nur spekulieren. Ich hoffe, dass die britischen Abgeordneten verantwortungsvoll sind und dass alles gut ausgeht. Ich meine damit, dass es eine Abmachung gibt und ein harter Brexit vermieden wird. Denn das würde zu einem Chaos führen. Unsere Regierung hat für alle Fälle die nötigen gesetzlichen Maßnahmen vorbereitet. Sollte es aber am Ende doch zu einem harten Brexit kommen, dann könnte das durchaus eine Krise heraufbeschwören.“

Deshalb forderte der Ano-Politiker am Mittwochmorgen von den Briten, sich nun möglichst schnell zusammenzureißen:

Tomáš Petříček  (Foto: Archiv des tschechischen Außenministeriums)
„Die Unsicherheit in der Sache ist sehr unangenehm. Vor allem aus Sicht unseres Exports, denn die Kursschwankungen beim Pfund sind nicht gut für unsere Ausfuhren. Jetzt liegt es an den Briten, wie es weitergeht und ob Premierministerin May das anstehende Misstrauensvotum übersteht. Es wird ja ein positiver Ausgang erwartet. Europa kann jetzt nur warten, wir können da nichts machen.“

Auch Tschechiens Chefdiplomat Tomáš Petříček kann nur spekulieren, wie sich die Lage um den Brexit weiterentwickelt. Der Sozialdemokrat versichert jedoch, dass man in Prag auf alle Varianten vorbereitet sei:

„Die Abmachung ist auch aus Sicht Tschechiens die beste Variante, die derzeit auf dem Tisch liegt. Deshalb hoffe ich, dass die britische Regierung bis Montag eine Alternative vorschlägt. Bis zum geplanten Austrittstermin am 29. März sollten die Regeln klar sein, denn das ist auch im Interesse der Bürger Tschechiens.“

Jiří Pospíšil  (Foto: Jana Přinosilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
In der Frage des Brexit sind sich Regierung und Opposition in Tschechien ausnahmsweise einig. So twitterte beispielsweise Top-09-Chef Jiří Pospíšil, Zitat:

„Die Unsicherheit durch das Brexit-Referendum und die Spaltung in der britischen Politik setzen sich nach der jetzigen Abstimmung im Unterhaus leider weiter fort. Entscheidend ist, dass ein Austritt des Landes aus der EU ohne Vertrag verhindert wird. Das würde nämlich nicht nur die Interessen Großbritanniens beschädigen, sondern auch unsere eigenen.“

Seit dem Morgen streiten die Europaabgeordneten in Straßburg zum Thema Brexit. Pavel Telička ist Vizevorsitzender des Europäischen Parlaments. Der liberale Politiker warnt vor den Folgen eines Brexit ohne Vereinbarung, und das nicht nur für Tschechien:

Pavel Telička  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Für uns ist wichtig, dass nun möglichst schnell ein Reserveplan vorgelegt wird. Wir arbeiten ja jetzt schon daran. Entscheidend ist, dass es durchaus negative Folgen geben kann für unsere Gemeinschaft und unsere Bürger.“

2016 hatten die Bürger des Vereinigten Königreichs in einem nicht bindenden Referendum entschieden, nicht mehr Teil der EU sein zu wollen. Der Austritt des Landes soll bi 29. März dieses Jahres erfolgen. Eine Verlängerung der Frist sieht man vor allem in der Union selbst kritisch, denn damit würde der Modus der anstehenden Europawahlen durcheinanderkommen. Nach der Ablehnung des Brexit-Fahrplans von Theresa May ist zudem die politische Lage in London selbst ungewiss, denn die Regierungschefin muss sich noch am Mittwoch einem Misstrauensvotum stellen.