Prag verabschiedet sich von seinen Telefonzellen

Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks

In Prag gibt es keine öffentlichen Telefone mehr. Die Vertreter des zweiten Prager Stadtbezirks halten das aber für ein Sicherheitsrisiko. Doch ein Ersatzkonzept fehlt.

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Foto: DonPowered,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0
Mittlerweile findet man kein einziges öffentliches Telefon mehr in Prag. In den Augen von Magistrat und Anbieter sind sie überflüssig geworden, da jeder ein Smartphone in der Tasche hat. Und auch die alten Telefonzellen sollen nach und nach verschwinden. So manch ein Prager begrüßt das, denn oft wusste man nicht genau, ob man in einer Anruf-Bude oder in einer öffentlichen Toilette steht:

„Da ist nur Dreck drin, und dort halten sich Junkies und Obdachlose auf“, sagt eine Pragerin bei einer Straßenumfrage gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. „Mir werden sie auf keinen Fall fehlen, da gibt es dann mehr Platz auf dem Gehsteig“, meint wiederum ein weiterer Passant.

Im zweiten Prager Stadtbezirk sieht man das Ende der öffentlichen Telefone aber kritisch. Vor allem aus Sicherheitsgründen könnte das nämlich zum Problem werden, befürchtet der Bezirksrat Michal Zuna von der konservativen Top 09:

„Bei einem Blackout der Mobilfunknetze garantieren die Anbieter ihre Dienste nur für einen Zeitraum von einigen Minuten. In so einem Fall wäre das Telefonieren so gut wie unmöglich.“

Laut Zuna sollte man die Telefonzellen zumindest an bestimmten Knotenpunkten in der Stadt beibehalten, so beispielsweise am Hauptbahnhof.

Petr Hlubuček  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Im Prager Magistrat steht man aber trotz aller Bedenken hinter dem Ende der Münztelefone. Stadtrat Petr Hlubuček ist für Fragen der Sicherheit zuständig und empfindet die Ängste als übertrieben:

„Bei einem flächendeckenden Netzausfall wäre die Lage hier sehr kompliziert. Dann würden uns die paar Telefonzellen auch nicht retten.“

Rückendeckung bekommt der Magistrat von O2, dem bisherigen Betreiber der öffentlichen Telefone in Prag. Lucie Jungmannová ist Sprecherin des tschechischen Telekommunikationsriesen:

„Die Münztelefone funktionieren nach dem Prinzip der Festnetzverbindungen. Es ist aber nicht wahr, dass sie das einzige Mittel der öffentlichen Kommunikation sind.“

Michal Zuna  (Foto: Archiv Top 09)
Deshalb betont der Petr Hlubuček von der Wählerinitiative „Vereinigte Kräfte für Prag“:

„Insgesamt spielen die Telefonzellen für die Sicherheit der Hauptstadt keine Rolle.“

Doch der Magistrat hat eigentlich kein richtiges Konzept für schnelle Notfallmeldungen. Denn es sind auch keine Alarmknöpfe oder Ähnliches geplant. Genau so etwas fordert aber Michal Zuna vom zweiten Prager Stadtbezirk, um ein funktionstüchtiges Notfall-Netz aufzubauen. Dieses soll möglichst unabhängig sein vom Mobilfunk:

Foto: Lenka Žižková
„Bei digitalen Festnetzverbindungen wären die Probleme bei einem Ausfall dieselben wie bei Mobilverbindungen. Bei einem analogen Netz wäre das anders. Insgesamt brauchen wir eine einheitliche und systematische Lösung. Denn der Bürger soll nicht erst suchen müssen, welches Telefon bei einem Blackout funktioniert und welches nicht.“

Zwar sind in Prag keine öffentlichen Telefone mehr in Betrieb. Allerdings dürften nicht alle Telefonzellen aus dem Stadtbild verschwinden. Einige Bezirke wollen daraus nämlich Bücherschränke, Fahrradständer oder Ladestationen für Elektroautos machen.