Premier Nečas bei Obama: Temelín und Piloten-Ausbildungszentrum

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An den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten liegt vielen tschechischen Politikern ganz besonders. Tatsächlich lässt sich das tschechisch-amerikanische Verhältnis seit der politischen Wende wirklich als besonders gut bezeichnen. Doch vor allem in Prag vermisst man große gemeinsame Projekte. Nun war Premier Petr Nečas Ende vergangener Woche in den USA und traf dabei am Freitag mit US-Präsident Barack Obama zusammen.

Petr Nečas und Barack Obama  (Foto: ČTK)
Es war ein freundlicher Empfang, den Premier Nečas von Barack Obama erfuhr:

„Ich kann mich nun für die Gastfreundschaft der Tschechen revanchieren“, eröffnete Obama das Gespräch im Weißen Haus.

Der US-Präsident erinnerte damit an seine bisherigen beiden Besuche in Prag. Bei beiden Visiten hatten Geopolitik und Abrüstung im Vordergrund gestanden. Vor dem Kamin des Oval Office kam nun die Rede auf mögliche gemeinsame Projekte. Gerade für die tschechische Seite war dies wichtig, sie vermisst seit dem Fall des Eisernen Vorhangs schmerzlich solche Vorhaben. Das sei wie 20 Jahre Ehe ohne Sex, frotzelte letztens sogar Verteidigungsminister Alexandr Vondra, der früher Botschafter in Washington war.

Atomkraftwerk Temelín
Nun besteht die Aussicht auf gleich zwei große gemeinsame Projekte. Vor allem ist dies der Ausbau des Atomkraftwerks Temelín, Kostenpunkt: umgerechnet mehr als acht Milliarden Euro. Um die Ausschreibung dazu bewirbt sich die amerikanische Firma Westinghouse. Dies sei eine der größten Möglichkeiten für amerikanische Firmen in der Welt, hatte der US-Botschafter in Prag, Norman Eisen, letztens verlauten lassen. Und natürlich sprachen Nečas und Obama dann in Washington darüber. Offiziell aber geben sich beide Seiten bedeckt, denn auch die französische Firma Areva sowie das tschechisch-russische Konsortium aus Škoda und Atomstrojexport sind an dem Riesenauftrag interessiert. Premier Nečas nach dem Treffen mit Obama:

Nato - NATO
„Präsident Obama hat genauso wie die Vertreter Frankreichs und Russlands seine Unterstützung für die amerikanische Bewerbung in der Ausschreibung ausgesprochen. Ich habe Barack Obama versichert, dass in der Tschechischen Republik ein transparentes und faires Auswahlverfahren ablaufen wird, dass wir drei Angebote erwarten und dass das Beste von ihnen gewinnt.“

Etwas überraschender als das Thema Temelín war, dass Nečas zudem den Amerikanern die Beteiligung am Aufbau eines Ausbildungszentrums für Nato-Piloten anbot. Bereits jetzt schult die tschechische Armee im ostböhmischen Pardubice Hubschrauber-Piloten für die Nato-Einsätze in Afghanistan. Auch das geplante Zentrum soll im Rahmen der Nato funktionieren. Neben tschechischen Ausbildern könnten auch amerikanische dort tätig sein, so die Idee.

„Nicht nur der Exekutive in Person von Barack Obama, sondern auch den Vertretern der Legislative hat dieses Projekt sehr gefallen. Denn alle Nato-Mitgliedsländer stehen vor demselben Problem: Sie haben eine angespannte Haushaltslage und müssen zugleich eine funktionierende Verteidigung sichern. Deswegen sind multilaterale Projekte, die die Kapazitäten konzentrieren und zu einer Spezialisierung führen, der richtige Weg“, merkte Nečas an.

Die tschechische Seite versteht das Ausbildungszentrum als Ersatz. Eigentlich hatte sie auf die US-Raketenabwehr in Mitteleuropa gehofft, die noch George W. Bush geplant hatte. Doch Obama will die Raketenabwehr nicht, auch wegen der deutlichen Protesten und sogar Drohungen aus Moskau. Als das Aus für den Raketenschild kam, habe man nicht rechtzeitig eine Alternative anbieten können, befand Premier Nečas in Washington. Das müsse Tschechien nun nachholen.