Procházková: Vondráčeks Besuch in Russland war dilettantisch vorbereitet

Radek Vondráček (Foto: ČT24)

Die Haltung Tschechiens zu Russland ist eher ambivalent. Dass man dadurch auf diplomatischem Parkett auch leicht ausrutschen kann, bekommt derzeit Parlamentspräsident Radek Vondráček zu spüren. Seine jüngste Reise nach Moskau wird sehr kritisch gesehen.

Radek Vondráček  (Foto: Sejm RP,  Flickr,  CC BY 2.0)
Bei seinem Besuch in Moskau hat sich Ano-Politiker Radek Vondráček unter anderem mit Duma-Präsident Wjatscheslaw Wolodin und der Vorsitzenden des Föderationsrats, Walentina Matwijenko, getroffen. Beide Politiker stehen auf den Sanktionslisten der EU und der USA, die nach der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Russland verabschiedet worden waren. Das aber scheint der Abgeordnetenhauschef verdrängt zu haben. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk begründete er den Zweck der Reise so:

„Ich wollte nur Schritt halten mit den Ländern, die mit Russland einen konstruktiven Dialog auf Arbeitsebene pflegen, der für beide Seiten von Nutzen ist. Ich denke, dass wir uns vor beispielsweise Deutschen oder Schweizern nicht verstecken müssen. Von daher wäre ich froh, wenn auch Tschechien solche Beziehungen zu Moskau haben könnte.“

Bei der Auswahl seiner Gesprächspartner war Vondráček aber offenbar ziemlich blauäugig. So sieht es jedenfalls die Publizistin Petra Procházková:

„In dem Besuch selbst sehe ich kein Problem, wenn er in einer anderen Atmosphäre und in einem anderen Format stattgefunden hätte. Denn auch andere europäische Staaten halten Kontakt mit Moskau, da unterscheiden wir uns nicht von ihnen. Doch der Besuch von Vondráček ist nicht gelungen. Er war nicht gut vorbereitet und wirkte ziemlich dilettantisch.“

Jan Lipavský | Foto: Archiv der Piratenpartei,  Flickr,  CC BY-SA 2.0
Das sehen mehrere Parlamentarier genauso, und einige sogar noch kritischer. Der Piraten-Abgeordnete Jan Lipavský erklärte, für ihn sei die Reise von Vondráček nach Russland „der Gipfel von dessen inkompetentem Handeln“. Was der Abgeordnetenhauschef in Russland getan habe, sei eine Schande für Tschechien, ergänzte Lipavský. Deshalb will die oppositionelle Piratenpartei das Thema auch auf die Tagesordnung der nächsten Parlamentssitzung setzen lassen.

Doch auch aus den eigenen Reihen bekommt Vondráček Gegenwind. Sein Parteikollege Jaroslav Bžoch bezeichnete die Treffen mit Politikern, die auf den Sanktionslisten der EU und der USA stehen, als schlecht.

Wie kommt es aber, dass tschechische Politiker in ihrer Haltung zu Russland derart gespalten sind? Petra Procházková:

„Das ist auch ein Spiegelbild der tschechischen Gesellschaft: Eine Hälfte der Tschechen hasst die Russen, die andere Hälfte bewundert sie. Und das sieht man auch in der Politik. Auf der einen Seite reisen Präsident Zeman und jetzt auch Parlamentspräsident Radek Vondráček nach Moskau, um dort die Beziehungen der EU zu Russland etwas glattzubügeln. Sie wollen zeigen, dass diesbezüglich nicht alle Unionsländer so missgestimmt sind wie zum Beispiel Frankreich oder Großbritannien. Auf der anderen Seite sprechen in Prag Politiker davon, dass man Russland völlig isolieren sollte. Doch auch das halte ich für nicht richtig.“

Kremlin | Foto: Wladimir Dwortsewoj,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED
Richtig oder falsch? Dieser Frage muss sich nun auch Tschechiens neuer Außenminister Tomáš Petříček (Sozialdemokraten) immer wieder stellen. Zu Vondráčeks Reise hatte er zunächst eine kritische Stellungnahme ausarbeiten lassen. Nach einem kurzen Austausch mit Amtsvorgänger und Parteichef Jan Hamáček aber will Petříček nun erst einmal selbst mit Vondráček sprechen. Dabei wolle er herausfinden, ob nicht vielleicht auch Russlands Anschuldigung, Tschechien könnte das Nervengas Nowitschok entwickelt haben, ein Thema der Gespräche war.

„Ich habe noch keine Informationen darüber, ob Herr Vondráček dazu eine Entschuldigung von Russland verlangt hat oder nicht. Diese Causa steht unseren Beziehungen zu Russland im Weg, sie sorgt vielmehr für Misstrauen. Ich will aber, dass unsere Beziehungen von Sachlichkeit geprägt sind. So dass wir einen Dialog führen können auf Gebieten, die von beiderseitigem Interesse sind. Das Gleiche gilt für unsere einheitliche Position in der EU.“