Rätselhafte Serie von Vergiftungen durch gepanschten Alkohol in Tschechien

Die tschechischen Medien berichten seit einigen Tagen über Fälle, die man eher in Russland vermuten würde: Innerhalb kurzer Zeit haben sich an verschiedenen Orten Menschen durch gepanschten Alkohol vergiftet. Drei der Opfer sind bereits gestorben, weitere sieben liegen auf Intensivstationen von Krankenhäusern. Nach der oder den Quellen für die Vergiftungen wird verzweifelt gesucht.

Zuerst schien es, als beschränke sich das Problem auf den Nordosten des Landes. Doch mittlerweile sind die Vergiftungsfälle auch in Südmähren und in Mittelböhmen aufgetaucht. Die örtlichen Behörden sind geschockt und ratlos. Alle Todesopfer stammen bisher aus Havířov, in der Stadt mit 80.000 Einwohnern hatte vergangene Woche das Malheur begonnen. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben alle Toten zuvor offen ausgeschenkten Alkohol von einem Straßenstand getrunken. Eva Wojnarová, Sprecherin der Stadt Havířov:

Foto: ČTK
„In Havířov gibt es rund 50 Stände oder Läden, in denen offener Alkohol verkauft wird. Das Gewerbeamt führt zusammen mit dem Zollamt sehr häufig an diesen Verkaufsstellen Kontrollen durch. Und wir haben im vergangenen Dreivierteljahr keinen Fall registriert, bei dem die Verkäufer nicht die Herkunft des Alkohols nachweisen konnten.“

Die Vergiftungen durch den gepanschten Alkohol sind alle schwer. Die betroffenen Männer und Frauen in den Krankenhäusern kämpfen zum großen Teil um ihr Leben. Beim bisher neuesten Fall kam am Sonntagabend ein 65-jähriger Mann ins Krankenhaus von Příbram. Die Polizeisprecherin der mittelböhmischen Stadt, Monika Schindlová, beschrieb den Fall gegenüber dem Tschechischen Fernsehen:

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„Er kam von selbst ins Krankenhaus. Angeblich hatte er zuerst nur noch schwarz-weiß gesehen, dann ist er völlig erblindet. Mittlerweile liegt er in kritischem Zustand auf der Intensivstation und wird im künstlichen Tiefschlaf gehalten. Den Alkohol, es war Wodka, hatte er in einem Geschäft in Příbram gekauft und sieben Gläschen getrunken.“

Das Geschäft, in dem der Mann den Wodka gekauft haben will, hat die Polizei bereits durchsucht. Sie beschlagnahmte mehrere Sechsliterkanister mit hartem Alkohol. Nun soll geprüft werden, ob die Quelle für den Wodka dieselbe ist wie in Nordmähren. Dort war bereits am Wochenende ein 36-jähriger Mann festgenommen worden. Die Polizei wollte aber noch nicht mitteilen, ob der Verhaftete als Verkäufer oder Hersteller in den Fall verwickelt ist.

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Die Vergiftungsserie ist für Tschechien ungewöhnlich. Die meisten Vergiftungen mit Alkohol entstehen ansonsten durch das versehentliche Einatmen von Dämpfen – beispielsweise von Lösungsmitteln. Sie verlaufen in der Regel glimpflich und enden nicht mit bleibenden Schäden für die Betroffenen. Wird gepanschter Alkohol getrunken, dann stammt er meist aus Eigenproduktion.

Mit der Vergiftungsserie beschäftigen sich deswegen nun sogar die politischen Spitzen. Am Montag sagte Gesundheitsminister Leoš Heger gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, dass jetzt wahrscheinlich auch die Razzien ausgeweitet werden dürften:

Leoš Heger  (Foto: ČTK)
„Es gibt häufig Razzien an den Verkaufsständen, Vietnamesenmärkten und gegen Schmuggler. Nur sind bisher die Lebensmittelkontrolleure noch nicht eingebunden worden, es ist eher eine Angelegenheit des Zolls und der Gewerbeämter. Nun hat sich ein neues Problem gezeigt, und wahrscheinlich muss man bis in die Kneipen hineingehen.“

Bisher können die Behörden aber nur warnen. In Havířov fuhr die Polizei sogar durch die Straßen und klärte die Bewohner per Megaphon auf.