Schmerzhafte Geschichte und Fahrt ins 21. Jahrhundert: Sobotka in München

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Premier Bohuslav Sobotka hat zwei Tage lang Bayern besucht. Die Palette der Themen in München war dabei breit gefächert: von der Flüchtlingskrise, über die veralteten Bahnverbindungen, bis hin zum schmerzlichen Teil der tschechisch-deutschen Geschichte.

Bohuslav Sobotka und Horst Seehofer  (Foto: ČTK)
Bohuslav Sobotka ist nicht gerade jemand, der gerne seine Gefühle zeigt. Doch am Donnerstag besuchte der tschechische Premier im sogenannten ehemaligen „Führerbau“ den Raum, in dem 1938 das sogenannte Münchner Abkommen unterzeichnet wurde. Die Vereinbarung war praktisch ein Diktat Hitlers gewesen und verpflichtete die Tschechoslowakei, die Sudetengebiete an Deutschland abzugeben. Unter Kriegsdrohungen stimmten Frankreich und Großbritannien diesem Vorgehen zu. Bohuslav Sobotka:

„Die Tschechen wurden damals nicht an den Verhandlungstisch gelassen, es wurde also ohne die Tschechoslowakei über die Tschechoslowakei entschieden. Und weil der Ort so stark und auf so tragische Weise mit unserer Geschichte verbunden ist, muss ich sagen, dass es für mich ein sehr intensives Erlebnis war.“

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Horst Seehofer hatte seinen Gast begleitet. Der bayerische Ministerpräsident sprach von einem „Ort der Schande“. Sobotka ist der erste tschechische Premier, der den Raum besucht hat.

Zuvor hatten Seehofer und Sobotka bei einem gemeinsamen Gespräch aktuelle Themen besprochen. Inmitten der Flüchtlingskrise und vor dem wohl entscheidenden EU-Gipfel in der kommenden Woche demonstrierten sie Einigkeit:

„Wir vertreten gemeinsam die Auffassung, dass eine europäische Lösung die höchste Priorität hat“, so Seehofer.

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Dies bedeute einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen und eine Begrenzung des Flüchtlingsstroms. Sobotka räumte ein, dass die Abriegelung der Balkan-Route nicht alles lösen könne.

„Wenn wir zur Einhaltung der Regeln zurückkehren und eine Lösung an der griechisch-türkischen Grenze finden, dann können wir den starken Strom illegaler Migration nach Europa stoppen.“

Abseits der Flüchtlingspolitik bekräftigten die beiden Politiker das dringende Anliegen, die Straßen- und Schienenverbindungen zwischen Bayern und Tschechien möglichst rasch zu verbessern. Premier Sobotka:

Schienenverbindung zwischen Tschechien und Bayern  (Foto: Marcel Lober,  Bahnbilder)
„Die Schienenverbindung zwischen Tschechien und Bayern ist nur für das 20. Jahrhundert ausgestattet. Wir brauchen aber eine Ausstattung für das 21. Jahrhundert.“

Die Bahnstrecke zwischen Prag und München ist in Grenznähe nur eingleisig und nicht elektrifiziert. Auf tschechischer Seite dürfte die Modernisierung allerdings nicht vor 2020 beginnen. Noch schlimmer sieht es auf bayerischer Seite aus, was einen modernisierten Bahnanschluss nach Nürnberg betrifft. Die entsprechende Strecke ist noch nicht einmal in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Geschehen könnte dies aber 2016, dafür wollen sich beide Politiker einsetzen.

Nach ihrem Gespräch im Münchner Prinz-Carl-Palais besuchten Seehofer und Sobotka die Weiße-Rose-Stiftung und das NS-Dokumentationszentrum.