Schulbeete, Werkstätten und Kochunterricht – Tschechien will Kindern das Handwerk schmackhaft machen

Foto: Martin Karlík, Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag

Das tschechische Handwerk begeistert immer weniger junge Menschen. Die Regierung möchte nun dagegen vorgehen. Dazu soll vor allem die Handwerksausbildung reformiert und auch jungen Firmengründern unter die Arme gegriffen werden. Zudem steht ein interessanter Vorschlag für die Grundschulen im Raum.

Foto: Smash the Iron Cage,  CC BY-SA 4.0
Wer in Tschechien einen Metzger, Installateur oder Kaminkehrer sucht, wird sich bald schwertun. Immer weniger Schulabgänger möchten mit ihren Händen arbeiten. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Berufseinsteiger im Handwerk halbiert – und zwar gemessen an den ausgegebenen Gewerbescheinen. Niedrige Einstiegslöhne und das höhere Prestige von Bürojobs motivieren Schulabgänger nicht unbedingt, sich Arbeitshandschuhe überzustreifen. Karel Havlicek ist Vorsitzender des Verbandes Kleiner und Mittelständischer Unternehmen:

„Zunächst ist es überhaupt nicht wahr, dass die Einstiegslöhne und Löhne im Handwerk insgesamt niedrig seien. Die Kinder sollten sich einmal überlegen, was ihnen wichtiger ist: ein Beruf, der ihnen Spaß macht, oder einer, der sie später ernährt. Wir vom Handwerk denken uns immer, dass ein geschickter Handwerker besser ist als ein ungeschickter Ingenieur. Wir haben überhaupt nichts gegen das Studieren. Wenn jemand darin seine Erfüllung sieht, dann soll er das machen. Vielleicht kommt aber der ein oder andere darauf, dass auch das Handwerk eine gute Wahl ist.“

Karel Havlíček  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Auch die tschechische Regierung möchte Absolventen das Handwerk und die handwerkliche Ausbildung schmackhaft machen. Dazu hat sie sich mit Vertretern des Handwerks zusammengesetzt und einen Fahrplan erstellt. Die Anreize sollen vor allem aus zwei Richtungen kommen: dem Grundschulwesen und der Entbürokratisierung der Ämter. Karel Havlicek zu den Beratungen:

„Ich bin froh, dass wir über eine ganze Reihe konkreter Schritte gesprochen haben. In den Grundschulen geht es vor allem um die Einrichtung von Werkstätten und Beeten, sowie der Einführung des Faches Kochen. Aber auch um die Meisterprüfungen und die Änderungen im Gewerberecht haben wir verhandelt.“

Foto: Martin Karlík,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Bei der zusätzlichen Ausstattung für die Schulen rechnet Havlicek zudem mit der Unterstützung der Europäischen Union. Immerhin dürften die zusätzlichen Räumlichkeiten und Geräte nicht billig werden.

Die wichtigste Neuerung, die tschechische Handwerker nicht nur im Inland, sondern eben auch im Ausland konkurrenzfähiger machen könnte, ist die Meisterprüfung. Diese fehlt in Tschechien bisher. Die Vereinheitlichung der Standards wünscht sich ebenfalls der tschechische Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten):

„Die Meisterprüfung sollte ein fester Bestandteil unseres Bildungssystems werden. Damit soll die Prüfung eine der anerkannten Qualifikationen in Tschechien sein. Insgesamt ist das förderlich für den Stellenwert der beruflichen Bildung in der Gesellschaft und erhöht auch ihr Prestige. Wir wollen die Meisterprüfung noch in dieser Legislaturperiode durchsetzen.“

Doch nicht nur die mangelnde Motivation an den Schulen macht handwerkliche Berufe unattraktiv. Viele Schulabgänger schreckt zudem der bürokratische Aufwand eines eigenen Betriebs. Die tschechische Regierung will daher Steuererklärungen vereinfachen.