Sobotka, Merkel und Fico: Gemeinsame Richtung, unterschiedliche Gewichtung

Bohuslav Sobotka, Angela Merkel und Robert Fico (Foto: ČTK)

Es war am Montag ein Dreiertreffen, das nicht so häufig vorkommt: Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka, sein slowakischer Amtskollege Robert Fico und Bundeskanzlerin Angela Merkel kamen in Berlin zusammen. Anlass waren 25 Jahre seit dem Deutsch-Tschechoslowakischen Vertrag über gute Nachbarschaft von 1992. Doch hauptsächlich ging es bei der Unterredung im Bundeskanzleramt sowie einer Diskussion mit Schülern und Studierenden um die Zukunft in Europa.

Bohuslav Sobotka,  Angela Merkel und Robert Fico  (Foto: ČTK)
Trotz gegensätzlicher Positionen in einigen Fragen war das Dreiertreffen auch eine Demonstration der Gemeinsamkeit. Sobotka, Merkel und Fico bezogen sich ausdrücklich auf die Erklärung von Rom der verbleibenden 27 EU-Staaten. Deutlich wurde, dass Tschechien und die Slowakei ihre Mitgliedschaft in der Union für essentiell halten, um wirtschaftlich zum Westen aufzuschließen.

„Meiner Meinung nach ist es wichtig, die Europäischen Kohäsionsfonds so zu nutzen, dass sich die Lebensstandards in den einzelnen Gegenden der EU stärker und schneller annähern“, so der tschechische Premier Bohuslav Sobotka.

Das Bekenntnis zur EU ist durchaus von Bedeutung. Tschechien und die Slowakei werden in Deutschland schließlich gerne in einen Topf gesteckt mit Polen, das zuletzt gegen die Erklärung von Rom protestiert hatte. Doch Sobotka und Fico weisen Zweifel an ihrer Einstellung zu Europa entschieden zurück. Auch der Anlass des Treffens wurde dazu genutzt. Der Nachbarschaftsvertrag von 1992 war zwar eine bilaterale Übereinkunft. Er habe aber bereits in die weitere Zukunft gewiesen, so Robert Fico:

Foto: MPD01605,  CC BY-SA 2.0
„Deutschland musste damals die Schwierigkeiten bewältigen, die durch die Wiedervereinigung entstanden waren. Zugleich hatte Deutschland aber die Energie, über ein vereintes Europa zu sprechen und weiteren Ländern in diesem Sinn eine klare Zukunft aufzuzeigen. Das hat sich erfüllt. Nur zwölf Jahre danach haben wir uns alle in der EU wiedergesehen, das ist – historisch betrachtet – eine sehr kurze Zeit. Für diese Unterstützung müssen wir der deutschen Regierung danken.“

Allerdings hat die EU weitere zwölf Jahre später den wohl größten Schock ihrer Geschichte erlebt: Erstmals will ein Mitglied austreten. Auch das war Thema beim Treffen, mit einer eindeutigen Botschaft: Großbritannien darf sich keine Hoffnung machen, nach dem Brexit ähnlich viele Vorteile der EU zu genießen zuvor.

Flüchtlinge  (Foto: Squat Le Monde via Foter.com / CC BY-NC-ND)
Während in dieser Frage alle drei Übereinstimmung fanden, galt das nicht auch für die Flüchtlingspolitik. Sobotka und Fico lehnten die vereinbarten EU-Quoten erneut ab. Und Angela Merkel musste eingestehen:

„Ich von meiner Seite würde sagen: Formal sind alle Beschlüsse richtig zustande gekommen. Trotzdem haben wir jetzt miteinander gelernt, dass die Sensibilitäten sehr hoch sind, was die Frage von Flüchtlingen und Migration anbelangt.“

Merkel forderte zugleich, dass es zu Solidarität in Europa kommen müsse. Bohuslav Sobotka wollte dies aber nicht einseitig als Aufnahme von Flüchtlingen verstanden wissen:

„Ich bin überzeugt, dass es eine Reihe an Möglichkeiten gibt, seine Solidarität zu bekunden. Zum Beispiel indem wir gemeinsame Projekte in den Herkunftsländern der Flüchtlinge umsetzen. Oder durch den Schutz der Schengen-Außengrenzen.“

Foto: ČTK
Nach der Pressekonferenz diskutierten die drei Regierungschefs noch mit Studierenden und Schülern. Unter anderem meldete sich eine Wirtschaftsstudentin von der Freien Universität Berlin zu Wort:

„Man spricht häufiger vom Europa der zwei Geschwindigkeiten. Sehen Sie in der Zukunft Europas dies eher als Chance oder als Gefahr?“

Angela Merkel antwortete – zwar nicht direkt, aber doch genau. Die Bundeskanzlerin betonte, Tschechien sei beispielsweise nicht deswegen kein Mitglied der Eurozone, weil das Land nicht dazugehören dürfe, sondern weil es bisher nicht wolle:

„Immer muss jede Maßnahme für alle offen sein. Es darf nicht so sein, dass einige bestimmen, wer dabei sein darf und wer nicht. Sondern wer die Kriterien erfüllt und mitmachen möchte, muss das auch dürfen.“