Sozialdemokraten wollen Bankensteuer – Kritiker nennen dies „verantwortungslos“

Foto: graur razvan ionut, FreeDigitalPhotos

In Tschechien hat der Wahlkampf begonnen. Die Sozialdemokraten haben ihn damit eröffnet, dass sie eine Bankensteuer fordern. Die zusätzlichen Gelder könnten in die Bildung und den Ausbau der Infrastruktur fließen, sagte Premier Bohuslav Sobotka. Kritiker befürchten jedoch, dass letztlich die Wähler nichts davon haben werden.

Acht Monate sind es bis zu den Wahlen ins tschechische Abgeordnetenhaus. Diese Woche haben die Sozialdemokraten schon ihre Ideen für eine zukünftige Steuerpolitik öffentlich gemacht. Demnach soll der Bankensektor eine Abgabe leisten. Es sind mehrere Argumente, die die derzeitige Regierungspartei dafür ins Feld führt. Dazu gehört, dass Anfang der Nuller Jahre praktisch alle großen tschechischen Banken an ausländische Eigner verkauft wurden. Premier Bohuslav Sobotka als Vorsitzender der Sozialdemokraten erläuterte die Probleme, die seine Partei in der Eigentumsstruktur der großen Banken sieht:

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„Seit vielen Jahren geht ein Großteil des Gewinns aus dem tschechischen Finanzsektor ins Ausland. Bei den Banken sind das 50 Prozent der Gewinne im Jahr. 480 Milliarden Kronen (fast 18 Milliarden Euro, Anm. d. Red.) allein an Dividenden sind seit dem Jahr 2000 aus dem tschechischen Finanzsektor abgeflossen.“

Dazu kommen noch weitere Transfers zu den Eigentümern. Die Abgabe, die diese Verluste auffangen soll, würde an den Aktiva der Banken bemessen – also dem Gesamtwert von Kassenbestand, Krediten und Wertpapieren. Vier Stufen wollen ie Sozialdemokraten einführen. Auf der ersten Stufe von bis zu 50 Milliarden Kronen (1,85 Milliarden Euro) an Aktiva läge die Steuer bei 0,05 Prozent. In der höchsten Stufe ab 300 Milliarden Kronen (11 Milliarden Euro) müssten 0,3 Prozent an den Staat abgeführt werden.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Ähnliche sogenannte „Stabilitätsabgaben“ haben zahlreiche europäische Staaten als Reaktion auf die Bankenkrise ab 2008 eingeführt. Premier Sobotka:

„15 EU-Länder haben den Finanzsektor gesondert besteuert. Dazu gehören alle unsere Nachbarn wie Österreich, Deutschland, die Slowakei und Polen. Wir wollen, dass sich die Banken stärker beteiligen an der Finanzierung des Bildungssystems, der Verkehrsinfrastruktur und des Rentensystems – also an den öffentlichen Dienstleistungen für die tschechischen Bürger.“

Die Vorschläge der Sozialdemokraten haben aber sofort Kritiker auf den Plan gerufen. Einige halten der Partei vor, dass es ihre eigene Regierung war, die ab dem Jahr 2000 den Verkauf tschechischer Banken an ausländische Kreditanstalten vorangetrieben hat.

Jan Skopeček  (Foto: Noemi Fingerlandová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Besonders der heutige Regierungspartner Ano sowie die konservative Opposition halten nichts von den sozialdemokratischen Steuerideen. Jan Skopeček ist Wirtschaftsexperte bei der Top 09:

„Ich finde den Vorschlag verantwortungslos. Die Besteuerung eines Wirtschaftssektors schreckt potenzielle Investoren ab. Noch viel schwerer wiegt aber, dass die Banken die höheren Abgaben auf die Verbraucher umwälzen dürften.“

Dabei liegen die Gebühren bei den tschechischen Banken schon so vergleichsweise hoch.

Und die Banken selbst? Sie laufen ebenfalls Sturm gegen die Steuer. Pavel Sobíšek ist Chefökonom der UniCredit Bank. Er sagt, es sei schlecht, dass die Steuereinnahmen in den Staatshaushalt einfließen sollen.

„Falls der Bankensektor in eine Krise rutscht, wird der Staat seine Ausgaben drosseln müssen. Denn die Banken werden nicht mehr so viel abführen können. Und dadurch würde wiederum das Bruttoinlandsprodukt sinken“, so Sobíšek.