Storchennest-Causa: Staatsanwalt stellt Strafverfolgung ein

Luxusressort „Storchennest“ (Foto: Michaela Danelová, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Es ist immer die spannendste Frage vor einem Gerichtsurteil: Schuldig oder nicht schuldig? Im Fall des angeblichen Subventionsbetrugs beim Bau des Luxusressorts „Storchennest“, in den auch Premier Andrej Babiš (Ano-Partei) involviert ist, aber wird diese Frage gar nicht erst gestellt. Denn am Freitag hat der für die Causa zuständige Staatsanwalt die strafrechtlichen Ermittlungen aller Verdächtigen eingestellt. Doch erst am Montag wurde diese Entscheidung publik gemacht.

Luxusressort „Storchennest“  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Slavomír Kubeš)
Drei Jahre hatte die Polizei in der Causa Storchennest ermittelt. Im April sollte dann Anklage erhoben werden. Es ging darum, dass die Luxusanlage mit Hilfe von EU-Subventionen erbaut wurde, obwohl diese dem damaligen Antragsteller aufgrund vorgetäuschter Eigentumsverhältnisse gar nicht zustanden. Die Fördergelder waren nämlich für kleine und mittlere Unternehmen bestimmt, das Storchennest gehört mutmaßlich jedoch dem Agrochemie-Konzern Agrofert. Dieser gehörte damals noch dem jetzigen tschechischen Premier Andrej Babiš. Er war also unter den Verdächtigen wie auch Mitglieder seiner Familie.

Am vergangenen Freitag lief die Frist ab, nach der der Antrag der Polizei bearbeitet werden musste. Möglich war indes auch eine Verlängerung der Bearbeitungszeit oder die Rückgabe des Falls an die Kriminalisten zu weiteren Ermittlungen. Robert Malecký ist Analyst des investigativen Nachrichtenportals „Hlídací pes“. Für ihn gab es nur eine Möglichkeit:

Robert Malecký  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Der Staatsanwalt war die gesamte Zeit bei der Einsicht der Ermittlungsergebnisse zugegen. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, was alles passieren müsste, damit er letztlich keine Anklage erhebt.“

Premier Andrej Babiš machte jedoch schon das Wochenende über in den Medien klar, dass er sich für unschuldig hält in der ganzen Geschichte:

„Sofern es bei uns eine gerechte Justiz gibt, dann erwarte ich, dass sie zu unseren Gunsten entscheidet und die Strafverfolgung einstellt. Die Wahrheit ist auf meiner Seite. Ich habe nichts Gesetzwidriges getan, von Betrug kann also nicht die Rede sein.“

Der zuständige Staatsanwalt in dieser Affäre heißt Jaroslav Šaroch. Am Montag trat er nicht vor die Medien, sondern ließ seine Entscheidung über den Sprecher der Prager Staatsanwaltschaft, Aleš Cimbala, verkünden:

„Der mit dem Fall beauftragte Staatsanwalt hat seine endgültige Entscheidung in dem Fall vorgelegt, der medial als Causa Storchennest bezeichnet wird. Hierbei hat er seine rechtliche Meinung in der Einschätzung der Dinge geändert. Mit dieser Entscheidung wird sich nun der Leiter der Staatsanwaltschaft befassen. Dabei wird geprüft, ob die Änderung begründet und gesetzlich ist.“

Jan Hamáček  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
Diese Entscheidung hat natürlich unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Sozialdemokraten-Chef Jan Hamáček, dessen Partei Juniorpartner der Ano-Partei in der Regierung ist, sagte:

„Sofern sich die Information bestätigt, dass die strafrechtliche Verfolgung eingestellt wurde, dann ist das eine Sache, die einzig in der Kompetenz des Staatsanwalts liegt. Nur er kennt die Sachlage genau. Uns bleibt nichts anderes übrig, als diese Entscheidung zu respektieren.“

Die Politiker der Opposition wollen die Entscheidung des Staatsanwalts im Fall Storchennest ebenfalls respektieren, sie warten indes noch die Begründung ab. Und einige geben auch offen zu, dass sie von dieser Wendung völlig überrascht sind. Das ist auch Mikuláš Ferjenčík von der Piraten-Partei:

Foto: succo,  Pixabay / CC0
„Im Augenblick handelt es sich nur um das Konzept eines Entwurfs, der von der gesamten Staatsanwaltschaft noch begutachtet werden muss. Wir werden sehen, ob der Entwurf auch so durchgeht. Auf jeden Fall aber ist es sehr sonderbar, dass sich nach den vierjährigen Ermittlungen Staatsanwalt Šaroch nun um 180 Grad gedreht hat.“

So sehen es fast durchweg auch die anderen Oppositionsparteien. Bürgerdemokraten-Chef Petr Fiala verwies zudem auf einen weiteren Aspekt. Nach dem nicht begründeten Austausch des Justizministers und dem medialen Druck des Premiers werde der Großteil der tschechischen Öffentlichkeit nicht glauben, dass die Staatsanwaltschaft eine derartige Entscheidung auch im Fall eines Durchschnittsbürgers treffen würde, teilte Fiala mit.