Sudetendeutsche Familiendokumente zurückgegeben

Sudetendeutsche Familiendokumente (Foto: Martina Schneibergová)

Die Gegenstände und Dokumente verstaubten jahrzehntelang auf einem Dachboden. Das entsprechende Haus hatte bis zum Kriegsende einer deutschen Familie gehört. Vor Jahren kaufte ein neuer Besitzer das Anwesen als Wochenendhaus. Er entdeckte die verloren geglaubten Schätze und hat sich entschieden, sie der Familie der ursprünglichen Besitzer zurückzugeben. So lautet in Kürze die Geschichte, die mit einem Treffen der Familien Pěnka und Krehan in der Deutschen Botschaft in Prag endete. Martina Schneibergová war bei der Rückgabe der Gegenstände aus dem Haus in Malešov / Malschen am vergangenen Mittwoch für Radio Prag dabei.

Sudetendeutsche Familiendokumente  (Foto: Martina Schneibergová)

Mojmír Pěnka,  Botschafter Christoph Israng,  Zbyněk Pěnka,  Joachim Krehan mit seiner Frau und Frau Pěnková
Alte Fotoalben, Urkunden und Zeichnungen liegen auf dem Tisch. Einige Tschechen und Deutsche blättern in den Alben, schauen sich die Bilder an und rätseln, ob da tatsächlich Tante Erika auf dem Foto zu sehen ist. Schade, dass diese den heutigen Tag nicht mehr erleben könne, merkt eine der Frauen an.

All die Sachen hat Zbyněk Pěnka gefunden. Er kaufte ein älteres Anwesen im Dorf Malešov / Malschen in Nordböhmen, um es zu einem Wochenendhaus umzubauen.

„Auf dem Dachboden, wo es kein Licht gab, fanden wir die Hinterlassenschaften. Uns war klar, dass sie recht alt sind und den ursprünglichen Besitzern gehörten. Wir haben alles zu meinem Vater gebracht. Er begann, die Urkunden und Fotos zu sortieren und durchzulesen. So sind wir auf sehr rührende Dokumente gestoßen. Darunter waren nicht nur Fotos, sondern auch beispielsweise ein Verzeichnis jener Sachen, die die Familie 1945 nicht mitnehmen durfte, Kinderzeichnungen, Schulhefte und Liebesbriefe. Uns war klar, dass wir die Familie finden und ihr alles zurückgeben müssen.“

Familiendokumente  (Foto: Martina Schneibergová)
Wie der Vater Mojmír Pěnka erzählt, befasst er sich mit der Geschichte und den Wurzeln seiner eigenen Familie.

„Ich weiß daher, welch Schatz derartige Hinterlassenschaften sind. Es würde mir nie einfallen, sie zu beschädigen. Ich habe immer gehofft, dass die Familie der ursprünglichen Besitzer gefunden wird und dass ich ihr die Dokumente übergeben kann.“

Mojmír Pěnka wandte sich mit seinem Fund daher an das Sudetendeutsche Büro in Prag. Es habe super geklappt, sagte er, als er in der Deutschen Botschaft mit einem der Nachkommen der Besitzer des Hauses in Malešov zusammentraf. Joachim Krehan lebt an der Ostsee.

„Meine Großeltern waren Besitzer des Hauses. Sie hatten zwei Kinder – Tochter und Sohn. Und vom Sohn bin ich der Sohn. Wir wussten, woher meine Großeltern stammten. Aber wie es zu den DDR-Zeiten war, war das mehr oder weniger ein Tabu-Thema. Mein Vater wollte darüber nicht reden. Erst 1990 kam ein bisschen Bewegung in die Geschichte: Die Tante versuchte, Kontakt nach Malschen aufzunehmen. Ich bin zehn Jahre nach dem Krieg geboren. Es ist schon rührend, wenn man jetzt auf den Fotos seine Tante als junges Mädchen oder den Vater als Kind sieht. Vielleicht kriegen wir noch heraus, wer die Zeichnungen gemacht hat. Wir können aber leider niemanden mehr fragen, weil man Vater vor zehn Jahren und die Tante zwei Jahre vor ihm gestorben ist. Wir nehmen jetzt alle diese Sachen mit, darauf warten schon meine Geschwister und Cousins. Wir setzen uns alle zusammen, gucken uns das gemeinsam an, und vielleicht kommt aus dieser Runde etwas Neues zustande.“

Familiendokumente  (Foto: Martina Schneibergová)
Mit den Krehans zusammenzutreffen war für Zbyněk Pěnka und seine Familie besonders wichtig.

„Als der Botschafter gesprochen hat und Familie Krehan neben uns stand, hatte ich Angst, dass ich kein Wort herausbringen würde. Denn es war für mich sehr rührend.“

Dass auf einem Dachboden gefundene Gegenstände der Familie des ursprünglichen Besitzers zurückgegeben werden, sei keine Seltenheit, sagt Peter Barton. Er leitet das Sudetendeutsche Büro in Prag:

„Ich bin seit etwa 15 Jahren in Prag, und es gibt etwa fünf Mal im Jahr solche Fälle, dass sich die Besitzer eines Wochenendhauses an mich wenden, weil sie etwas gefunden haben, das an die Vertriebenen erinnert. Meistens wurden die Sachen auf dem Dachboden, einige Mal auch im Garten gefunden. Manchmal handelte es sich auch um wertvolle Gegenstände, aber in 90 Prozent der Fälle sind es Familienalben, einzelne Fotos und Dokumente, die man bei der Vertreibung nicht mitnehmen konnte. Das Besondere an diesem Fall ist, dass wir relativ schnell die Nachkommen der vertriebenen Familie gefunden haben. Das passiert nicht so oft, weil es nach so vielen Jahren sehr schwierig ist. Diesmal war es ein Glücksfall mit den Familien Pěnka und Krehan.“