Verbieten die Sozialdemokraten sich selbst?

Das Tauziehen um die Regierungsbildung bekommt eine neue Arabeske: Die Sozialdemokratische Partei soll verboten werden. Das jedenfalls hat die Kleinpartei SNK-Europäische Demokraten beim Prager Regierungsamt beantragt. Der spektakuläre Schritt folgt aus einem langjährigen Streit der SNK-ED mit dem sozialdemokratischen Finanzminister Bohuslav Sobotka über die Erstattung von Wahlkampfkosten. Einer der Haken bei der Sache: die Sozialdemokraten müssten sich selbst verbieten. Thomas Kirschner berichtet.

Mit 15 Abgeordneten war die SNK-ED nach den Kommunalwahlen 2002 in die Prager Stadtvertretung eingezogen. Als "Vereinigung politischer Parteien und unabhängiger Kandidaten", so die offizielle Bezeichnung, wollte die SNK-ED sich als neue liberale und pro-europäische Kraft etablieren. Ein Versuch, der zunächst aufzugehen schien und nach Auslegung der SNK-ED vor allem den Sozialdemokraten nicht gefallen hat. Die Partei wirft dem sozialdemokratischen Finanzminister Bohuslav Sobotka vor, gegen geltendes Recht die Wahlkampfkostenerstattung für die Prager Kommunalwahlen zurückzuhalten - inzwischen belaufen sich die Forderungen auf 15 Millionen Kronen, mehr als eine halbe Million Euro. Scharf ist der Ton schon lange, am Freitag aber hat sich Parteivorsitzende Jana Hybaskova zu einem spektakulären Schritt entschlossen und offiziell die Einstellung der Geschäftstätigkeit der CSSD beantragt:

"Grund ist, dass die CSSD nicht davor zurückschreckt, die Verfassung zu verletzten und den freien Wettbewerb der Parteien zu beschränken. Durch ihren ersten Vizevorsitzenden, Finanzminister Bohuslav Sobotka, missbraucht sie die Staatsmacht. Der Minister versucht, die politische Konkurrenz zu unterdrücken und ignoriert die Entscheidungen des Verfassungsgerichtes. Die CSSD benutzt die Staatsmacht für eigene Ziele und verhindert einen freien Streit der Parteien um die Wählerstimmen. Damit erfüllt sie die Definition einer Partei, deren Tätigkeit laut Gesetz verboten ist."

Minister Bohuslav Sobotka

Minister Sobotka weist aber Manipulationsvorwürfe zurück - es handele sich um ein Verwaltungsverfahren, das keine politischen Hintergründe habe. In einer offiziellen Stellungnahme weist das Ministerium auf die Verfassung der SNK-ED als "Vereinigung politischer Parteien und unabhängiger Kandidaten" hin - Anspruch auf Wahlkampkostenerstattung hätten aber nur Parteien und Bewegungen, die ihre Kandidaten selbst oder in einer formellen Koalition aufstellen. Diesen Standpunkt hat inzwischen allerdings nicht nur Ombudsmann Otakar Motejl, sondern auch das Oberste Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

Der Antrag über das Verbot der Sozialdemokraten soll nun zeigen, dass die SNK-ED bereit ist, zu kämpfen. Innerhalb von 30 Tagen muss das sozialdemokratisch geführte Kabinett über die Eingabe entscheiden - Ausgang vorhersehbar. Interessanter ist eine zweite Variante: Lässt das Kabinett die Frist nämlich verstreichen, geht das Entscheidungsrecht an Präsident Vaclav Klaus über. Für den ODS-Ehrenvorsitzenden gab es sicher Zeiten, in denen er an einer Welt ohne Sozialdemokraten Gefallen gefunden hätte. Jetzt aber braucht er die CSSD für seine Wiederwahl ins Präsidentenamt im Januar 2008.