„Verboten!“: Internationales Festival des deutschen Film-Erbes in Prag

Foto: Archiv des Deutschen Filminstituts

„Verboten! – Filmzensur in Europa“. So lautet das Motto des Internationalen Festivals „cinefest“. Vom 13. bis 18. März werden in Prag berühmte Klassiker und vergessene oder verloren geglaubte Schätze des deutschsprachigen und europäischen Film-Erbes gezeigt.

Das „cinefest“ beschäftigt sich alljährlich mit ausgewählten Themen der europäischen Filmgeschichte. Die zehnte Ausgabe des Festivals widmet sich der Filmzensur in Europa. Die Veranstalter wollen zeigen, was im 20. Jahrhundert von Politikern, Gesetzgebern oder Institutionen der Filmwirtschaft für unerwünscht und verboten erklärt wurde. Solche Filme waren dann nur entschärft, oder gar nicht auf der Leinwand zu sehen.

Erika Wottrich  (Foto: Archiv des „cinefests“)
Organisiert wird das Festival vom Hamburger Centrum für Filmforschung ‚CineGraph‘ und dem Berliner Bundes-Filmarchiv. Im Herbst jedes Jahres werden in Hamburg mehr als 25 Streifen zum jeweiligen Motto präsentiert. Danach zieht das Festival weiter in andere Städte, unter anderem nun zum sechsten Mal nach Prag. Erika Wottrich organisiert das ‚cinefest‘:

„2007 waren deutsch-tschechische Filmbeziehungen Thema des ‚cinefests‘ und wir arbeiteten zum ersten Mal sehr eng mit dem Tschechischen Nationalen Filmarchiv zusammen. Dies führte dazu, dass das ‚cinefest‘ im Frühjahr 2008 auch nach Prag kam und Teile des Programmes übernommen wurden. Seitdem ist Prag ein fester Bestandteil, auch wenn die deutsch-tschechischen Beziehungen nicht immer bestimmendes Thema sind. Auf ihnen liegt jedoch stets ein Schwerpunkt.“

Ponrepo-Kino  | Foto: Kristýna Maková,  Radio Prague International
Von den Filmen, die in Hamburg zu sehen waren, werden acht in Prag gezeigt. Das fünftägige Festival findet im Ponrepo-Kino statt, Milan Klepikov ist Leiter des Kinos:

„Es ging mir darum, Filme aus vielen verschiedenen Zeiten auszuwählen: aus der Weimarer Republik, aus der alten Bundesrepublik und aus der DDR. Außerdem zeigen wir drei Beispiele aus der ehemaligen Tschechoslowakei. Die Mehrheit der Filme wurde verboten, da sie entweder dem politischen System, oder der Sexualmoral der jeweiligen Zeit widersprachen.“

‚Ekstase‘ | Foto: public domain
Die Zensur äußerte sich dabei auf verschiedenen Stufen. Manche Filme wurden während der Produktion verändert oder gekürzt, oder aber der Inhalt wurde nachträglich zum Beispiel durch die Synchronisation verfälscht. Die Eingriffe waren allerdings nicht nur staatlich: oft setzten auch die Filmverleiher selbst entscheidende Änderungen durch.

„Aus den 1930er Jahren der Tschechoslowakei zeigen wir den berühmten Film ‚Ekstase‘ von Gustav Machatý. Dieser war ein internationaler Erfolg und dabei gleichzeitig ein Skandal in den USA und im damaligen Nazi-Deutschland. Er sorgte aber auch noch für Aufruhr, als er nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in der Bundesrepublik aufgeführt wurde. Zwei Filme kommen aus der sozialistischen Tschechoslowakei: Zum einen ‚Ich liebe, du liebst‘ (Ja milujem, ty miluješ) von Regisseur Dušan Hanák und zum anderen ‚Panelstory‘ (Panelstory aneb Jak se rodí sídliště) von der kürzlich verstorbenen Věra Chytilová“, so Milan Klepikov.

‚Karla‘  (Foto: Archiv des Deutschen Filminstituts)
Ein Höhepunkt des Festivals ist der Besuch von Schauspielerin Jutta Hoffmann. Sie spielte die Titelrolle in dem Film ‚Karla‘. Dieser DDR-Streifen wird am 18. März in Prag zu sehen sein, bei seiner Aufführung ist die Schauspielerin zu Gast. Dazu Filmhistoriker und Festivaldirektor Hans-Michael Bock:

„‘Karla‘ ist ein Film aus einer Serie von DEFA (Deutsche Film AG) Produktionen in der DDR. 1965 wurden etwa die die Hälfte der Jahresproduktionen beim 11. Plenum des Zentralkomitees der SED verboten. In dem Streifen ‚Karla‘ kommt die Protagonistin als junge Lehrerin frisch von der Universität an eine Schule. Ihre gezeigte Offenheit und ihr Engagement waren im damaligen System unerwünscht. Gemeinsam mit einer ganzen Reihe anderer Filme wurde ‚Karla‘ daraufhin 1965 verboten.“