Viele gemeinsame Pläne: Österreichs Bundeskanzler Faymann in Prag

Foto: Gerald Schubert

Tschechiens Premierminister Bohuslav Sobotka traf am Donnerstag in Prag mit dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann zusammen. In die bilateralen Beziehungen war zuletzt neuer Schwung gekommen, die Regierungschefs fanden in vielen Fragen Übereinstimmung.

Werner Faymann und Bohuslav Sobotka  (Foto: Gerald Schubert)
Zwischen Tschechien und Österreich herrscht rege Besuchsdiplomatie. Erst um die Jahreswende wurden in beiden Ländern neue Regierungen vereidigt, seither haben sich bereits die Außenminister, die Verkehrsminister und die Landwirtschaftsminister getroffen. Premier Sobotka war im Juni in Wien zu Gast, am Donnerstag hat er nun Bundeskanzler Faymann in Prag empfangen. Eines der wichtigsten Themen: Die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur, ein Stolperstein für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Tourismus. Bohuslav Sobotka:

„Es ist ärgerlich, dass wir die Autobahnverbindungen mit Österreich immer noch nicht fertiggestellt haben. Ich habe dem Herrn Bundeskanzler daher versichert, dass der Ausbau der grenzüberschreitenden Schnellstraßen in Südmähren und Südböhmen zu den wichtigsten Vorhaben der tschechischen Verkehrspolitik zählen. Dasselbe gilt für die Bahnverbindungen: Die Verkürzung der Reisezeit von Prag und Brünn nach Wien ist eine Priorität dieser Regierung.“

Auch in einem anderen Bereich der Verkehrspolitik ziehen Prag und Wien nun an einem Strang: Beide Seiten sind gegen die Mautpläne aus Deutschland, die über den Umweg von Steuervorteilen für Deutsche hauptsächlich Ausländer belasten würden. Sobotka spricht von Diskriminierung, Faymann schlägt in dieselbe Kerbe:

„Es kann nicht sein, dass ein EU-Mitglied, das seine Verkehrsprobleme lösen will, einfach eine Maut einführt, die zwar nicht für die eigenen Bürger gilt, sehr wohl aber für die Nachbarn. Der Gedanke der Europäischen Union ist doch ein anderer. Daher ist auch zu prüfen, ob es sich hier überhaupt um eine EU-konforme Lösung handelt.“

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Gemeinsame Pläne gibt es auch im Bereich der Gasinfrastruktur, erläutert Premier Sobotka:

„Tschechien hat ein Interesse am Aufbau eines regionalen Gasmarktes und an einer besseren Vernetzung der Gaspipelines in der Region. Das betrifft auch die Verbesserung der Anbindung an Österreich.“

Auch Faymann ist für eine Zusammenarbeit im Energiesektor. Erneuerbare Energien seien zwar wichtig, aber auch die Gasversorgung müsse langfristig sichergestellt werden:

Věra Jourová  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
„Das ist angesichts der Russland-Ukraine-Krise eine schwierige Aufgabe – aber eine, der wir uns gemeinsam stellen werden. Daher unterstütze ich es, dass wir auch hier gemeinsame Strategien entwickeln.“

In der Debatte um die künftige Zusammensetzung der Europäischen Kommission betonen beide Sozialdemokraten derzeit inhaltliche Prioritäten wie den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit oder Wachstumsimpulse für die Wirtschaft. Dass die tschechische Kandidatin Věra Jourová gerne das Regionalressort übernehmen würde, das derzeit der österreichische Kommissar Johannes Hahn innehat, soll keinen Sand ins derzeit gut geölte Getriebe streuen:

Jean-Claude Juncker  (Foto: Archiv Factio popularis Europaea,  CC BY 2.0)
„Das Regionalressort ist unsere Priorität, aber es gibt auch eine Reihe anderer Ressorts, die für Tschechien interessant wären. Zum Beispiel Verkehr, Industrie oder interinstitutionelle Beziehungen. Derzeit warten wir auf den Vorschlag, den der Kommissionspräsident im August vorlegen muss, und dann werden wir die Angelegenheit mit ihm diskutieren“, so Bohuslav Sobotka.

Werner Faymann sieht das ähnlich:

„Jean-Claude Juncker hat die ohnehin schwierige Aufgabe, einen Vorschlag zu machen und bei der Zuordnung der Portfolios für die Kommissare verschiedene Grundsätze einzuhalten, die es möglich machen, im Europäischen Parlament eine Zustimmung zu finden. Ich finde, es ist gar nicht nötig, dass sich Regierungschefs hier extra einigen.“