Vietnamesen-Schicksal: drei Wochen ohne Arbeitserlaubnis – Ausweisung für ein Jahr

Le Kim Thanh (Foto: Lidové noviny, Jindřich Minařík, 4.3.2009)

Vietnamesische Arbeitskräfte sind in den letzten Wochen und Monaten immer wieder in den Schlagzeilen tschechischer Medien. Sei es durch das Rückführungsprogramm der Regierung für Nicht-EU-Ausländer im Zuge der Wirtschaftskrise, sei es durch den Fall von Le Kim Thanh. Seine Arbeitserlaubnis kam im letzten Jahr drei Wochen zu spät - der Grund dafür, dass ihn die tschechischen Behörden nun ausgewiesen haben. Christian Rühmkorf sprach mit dem Juristen und Politologen Pavel Čižinský von der Beratungsstelle für Bürger- und Menschenrechte.

Der Fall des Vietnamesen Le Kim Thanh zieht sich schon seit Monaten hin. Le Kim Thanh hatte im Oktober 2008 einen Ausweisungsbescheid bekommen. Der Grund: Seine Arbeitserlaubnis, die sein Arbeitgeber beantragen musste, kam drei Wochen zu spät. Der Vietnamese hat also drei Wochen illegal in Tschechien gearbeitet, bis die Arbeitserlaubnis schließlich ausgestellt wurde. Grund für die Ausländerpolizei, den Vietnamesen auszuweisen. Aus Protest trat er in einen Hungerstreik, wie in den Medien berichtet wurde. Ausländerpolizei und Innenministerium haben ihn dennoch ausgewiesen. Herr Čižinský, wie lief nun die Ausweisung ab? Sie hatten ja um den Zustand von Le Kim Thanh gefürchtet.

„Das Hauptproblem der Ausweisung war, wie Le Kim Thanh das psychisch verkraftet. Er stand die ganze Zeit unter wahnsinnigem Stress. Auch sein Hungerstreik war keine Erpressung im eigentlichen Sinn, sondern eine psychosomatische Auswirkung des Drucks. Er wusste, er wird zu seiner Familie zurückkehren ohne Geld verdient zu haben. Ganz im Gegenteil. Seine Familie hat große Schulden gemacht, um ihn nach Tschechien zu schicken. Er sollte hier Arbeit finden. Und jetzt kann er nicht einmal die alten Schulden bezahlen. Davor hatte er so viel Angst, dass wir befürchteten, er würde vielleicht Selbstmord begehen. Heute kann ich sagen, dass diese Gefahr gebannt ist. Ich hoffe, Le Kim Thanh kann wieder optimistischer in die Zukunft schauen. Die Ausweisung wird nur ein Jahr dauern und nach der Hälfte der Zeit kann sie auf Antrag auch ganz aufgehoben werden. Ich hoffe, dass Le Kim Thanh in einigen Monaten wieder nach Tschechien zurückkehren wird.“

Wie bewerten Sie diesen Fall im Rückblick? Wer hat da eigentlich versagt? Wer hätte anders handeln müssen?

„Sicherlich versagt hat die Ausländerpolizei von Trutnov / Trautenau. Die war zu streng. Das hat auch das Direktorium der Ausländerpolizei in Prag eingestanden. Denn die Frist der Ausweisung wurde immer wieder verkürzt. Aber man muss auch sagen: Das ganze System ist zu streng. Die Gesetze für die Ausländer sind zu streng. Das, was Le Kim Thanh getan hat, ist eigentlich eine Kleinigkeit. Er hat seine Arbeiterlaubnis bekommen, aber eben zu spät. Und trotzdem wurde er ausgewiesen, obwohl er dann ja schon drei Monate legal hier gearbeitet hatte. Man muss also die Gesetzgebung und die Anwendungspraxis ändern.“

Muss sich die Tschechische Republik ihrer Meinung nach darauf vorbereiten, dass sie ein Einwanderungsland ist?

„Ich glaube, wir sind sowohl ein Auswanderungsland - denn viele Tschechen gehen weg - als auch ein Einwanderungsland. Wir sind einfach ein ganz normales modernes Land“