Wallfahrt und Reliquien – der Feiertag des heiligen Wenzel

Nationale Wallfahrt in Stará Boleslav (Foto: Archiv Radio Prag)

Der heilige Wenzel (sv. Václav) ist für die Tschechen so etwas wie der Urvater ihres Staates. Er gilt als Landespatron. Zwar sind die Lebensdaten des Fürsten aus dem frühen Mittelalter nicht hundertprozentig belegt, aber an einem 28. September soll er von seinem Bruder ermordet worden sein. Ob das 929 oder 935 war, darüber streiten die Historiker. Doch der entsprechende Tag im September ist mittlerweile tschechischer Staatsfeiertag.

Nationale Wallfahrt in Stará Boleslav  (Foto: Archiv Radio Prag)
Die öffentlichen Feierlichkeiten zum St. Wenzeltag haben seit vielen Jahren ihren Höhepunkt in Stará Boleslav / Altbunzlau. In Prag finden in der Regel politische Veranstaltungen statt, in diesem Jahr sind es wieder vor allem Rechtsradikale, die auf die Straße gehen.

In Stará Boleslav entstand hingegen 2003, in Fortsetzung früherer Traditionen, eine nationale Wallfahrt. Hintergrund ist, dass in dieser Stadt der Přemyslidenfürst Wenzel auf Befehl seines Bruders Boleslav ermordet wurde. An diesem Samstag wird nun erneut die Reliquie, also der Totenkopf des heiligen Wenzel, aus Prag in die Stadt an der Elbe überführt. Aleš Pištora ist Sprecher des Prager Erzbischofs Dominik Duka:

Totenkopf des heiligen Wenzel  (Foto: ČT24)
„Die Reliquie wird aus Prag im Wagen des Staatspräsidenten in Begleitung der Burgwacht nach Stará Boleslav gebracht. Etwa um zehn vor acht morgens nimmt dort Erzbischof Duka zusammen mit dem Altbunzlauer Domkapitel die Reliquie entgegen und lässt sie in die Cosmas- und Damian-Krypta der Wenzelbasilika bringen - also genau an den Ort, an dem Wenzel in die Hände seiner Mörder fiel.“

Höhepunkt der Feierlichkeiten wird zwei Stunden später der Gottesdienst sein, den Dominik Duka diesmal gemeinsam mit dem Münchner Erzbischof Reinhard Marx feiert. An der Wenzel-Wallfahrt hatte in den vergangenen Jahren auch immer der damalige Staatspräsident Václav Klaus teilgenommen. Sein Nachfolger Miloš Zeman bricht aber in diesem Jahr mit der Tradition. Er wird im Familienkreis weilen und seinen 69. Geburtstag feiern, der eben auf den 28. September fällt.

Dieses Kreuz gehörte ursprünglich zur Standarte des heiligen Wenzel  (Foto: Jan Gloc,  Fotothek der Prager Burg)
Der heilige Wenzel ist zwar Landespatron, aber immer noch ein Forschungsobjekt, das Historiker wie Archäologen gleichermaßen interessiert. Letztere haben vor kurzem eine Entdeckung gemacht, und diese betrifft die Wenzelreliquien zweiter Klasse. Bisher konnten dem Fürsten ein Schwert, ein Kettenhemd und ein Helm zugeschrieben werden. Weiterhin fehlte aber die Standarte als vierte Reliquie. Nun glauben die Forscher, Teile dieser Standarte an einem unerwarteten Ort gefunden zu haben. Milena Bravermanová, Kuratorin der Sammlungen auf der Prager Burg:

„An der Standarte des heiligen Georg, die dauerhaft auf der Prager Burg ausgestellt ist, befindet sich auf der einen Seite eine Textil-Reliquie mit Perlen und auf der anderen ein Kreuz aus einem goldgerahmten Eisengeflecht. Wir glauben, dass dieses Kreuz ursprünglich zur Standarte des heiligen Wenzel gehörte. Da die Funktion beider Märtyrer als christliche Kämpfer ähnlich war, wurde das Kreuz später an der Georgstandarte angebracht.“

Die Archäologen planen allerdings nicht, die Georgstandarte nun auseinanderzuschneiden und das Kreuz gesondert auszustellen.