Museum in Třešť zeigt verschwundene Industrie aus Schumpeter-Ära

Foto: Martina Schneibergová

Das Städtchen Třešť / Triesch liegt im Kreis Böhmisch-Mährische Höhe, etwa 14 Kilometer südwestlich von Jihlava / Iglau. Bekannt geworden ist die Stadt durch ihre einzigartige Krippenbautradition. In Třešť gibt es zudem zahlreiche Sehenswürdigkeiten, der historische Stadtkern steht unter Denkmalschutz. Im Stadtzentrum befindet sich das Regionalmuseum.

Foto: Martina Schneibergová
Seit mehr als zehn Jahren ist das Museum von Třešť im Schumpeter-Haus untergebracht. Milina Matulová leitet das Museum.

„Dieses Gebäude ist eines der Häuser, die der Familie Schumpeter gehörten. Es ist höchstwahrscheinlich das Geburtshaus des namhaften Ökonomen Joseph Alois Schumpeter (1863-1950). Es sind jedoch zwei Eintragungen über Schumpeters Geburt erhalten geblieben. In der einen, die deutsch geschrieben wurde, wird dieses Haus als das Geburtshaus bezeichnet; in der anderen, die in den tschechischen Dokumenten steht, ist jedoch über ein Haus auf dem Marktplatz die Rede. Wir glauben jedoch eher der deutschen Eintragung. Jedenfalls gehörten beide Häuser der Familie Schumpeter.“

Das Museum in Třešť wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet. Der Großteil der Sammlungen stammt aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Viele der Exponate dokumentieren die Entwicklung der Industrie in der Stadt. Familie Schumpeter gründete 1832 die überhaupt erste Fabrik in Třešť, die sich auf die Tuchproduktion spezialisierte. Aus einer bekannten Familie stammte die Mutter des Ökonomen Schumpeter, erzählt Milina Matulová.

Milina Matulová  (Foto: Martina Schneibergová)
„Familie Grüner war eine Ärztefamilie in Jihlava. Der Vater sowie der Großvater von Johanna Schumpeter, geboren Grüner, arbeiteten im Krankenhaus in Jihlava. Nach der Geburt ihres Sohnes verbrachte Frau Schumpeter nur einige Jahre in Třešť. Nach dem frühen Tod ihres Mannes zog die Mutter mit dem kleinen Jungen zuerst nach Jihlava und dann nach Graz und Wien. Sie heiratete den Feldmarschall der k. u. k. Armee Sigismund von Kélersden, der sich des Jungen angenommen hatte. Dank seines Stiefvaters besuchte Schumpeter das renommierte Theresianum in Wien und konnte an der Universität studieren. Ökonom Schumpeter war Jahre lang in seiner Geburtsstadt kaum bekannt. Erst in den 1990er Jahren wurde die Schumpeter-Gesellschaft gegründet, die Joseph Alois Schumpeter der Öffentlichkeit näher brachte. In Třešť aber war die Familie Schumpeter früher ein Begriff, denn es waren bedeutende Industrielle, die die Errichtung zahlreicher kleiner Sakraldenkmäler finanziert haben.“

Fese für Türkei

Uhrkästen  (Foto: Martina Schneibergová)
Ein weiterer Teil der Dauerausstellung konzentriert sich auf die ehemals blühende Industrie in Třešť. An Schumpeters Textilproduktion knüpfte der Unternehmer Berthold Münch aus Hodice / Höditz an. Milina Matulová:

„Münch hat neben der Textilproduktion vor allem Konfektion genäht sowie Mützen und Fese hergestellt. Diese wurden in die Türkei exportiert. In unserer Stadt wurde zudem Holz verarbeitet. Es wurden hier Möbel und Uhrkästen produziert. Die Holzverarbeitung beeinflusste auch die hiesige Weihnachtskrippenproduktion. Ursprünglich hat man in Třešť die Krippenfiguren nur aus Papier gebastelt. Mit der Entwicklung der holzverarbeitenden Industrie aber wurden die Figuren aus Holz geschnitzt. Neben Krippenfiguren wurden in der Stadt auch Schachfiguren oder Pfeifen hergestellt.“

In Třešť blieb die Krippenbautradition bis heute erhalten. Viele Touristen kommen jedes Jahr in die Stadt, um sich Krippen anzuschauen. Sie werden von Ende Dezember bis Anfang Februar in mehr als 20 Familien gezeigt. Auch das Regionalmuseum hat mehrere wertvolle historische Weihnachtskrippen in seinen Sammlungen.

Foto: Martina Schneibergová
„Wir zeigen hier die ältesten Papierkrippen. Als Begründer der Krippentradition in unserer Stadt gilt František Jabůrek. Er war Tuchmacher von Beruf und Verfasser der ältesten Stadtchronik. Er selbst hat Krippenfiguren gebastelt, aber auch viele Figuren von den Märkten aus anderen Städten mitgebracht.“

Zündhölzer für China

Mit der Holzverarbeitung hing auch die Zündholzproduktion zusammen. Schon 1840 errichtete Samuel de Mayo eine Zündholzfabrik in Třešť.

„Zündhölzer wurden in der Stadt bis in die 1920er Jahre hergestellt. Es gab hier sogar drei Fabriken: Die erste gründete Samuel de Mayo. Er war ein sephardischer Jude aus der Türkei. Die anderen zwei Fabriken gehörten Moritz Meissner und Jakob Oblath. Am bekanntesten war Moritz Meissner, der Zündhölzer in die ganze Welt exportierte. Der größte Abnehmer war China. Die Chinesen haben besonders den Zündholzschachteln eine große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Schachteln wurden deshalb auch mit verschiedenen Bilderserien entworfen – beispielsweise zum Thema Mode oder zum Thema Kinder.“

Das Museum in Třešť ist von Mai bis September sowie im Dezember und im Januar täglich außer montags von 9 bis 12 Uhr und von 13 bis 16.30 Uhr geöffnet. In den übrigen Monaten ist das Museum nur nach vorheriger Vereinbarung zugänglich.

Beispiele von speziell verzierten Zündholzschachteln sind in der Dauerausstellung über die Industrieentwicklung zu sehen. Im Museum wird zudem das sogenannte „Schlosszimmer“ gezeigt. Es ist eingerichtet mit Möbeln, die aus dem Schloss von Třešť stammen. Die Residenz, die im 19. Jahrhundert im Stil der Neorenaissance umgebaut wurde, gehört gegenwärtig der Akademie der Wissenschaften. Sie dient heute als Hotel.