Schloss Březnice - mit Speibecken zur Selbsttherapie

Schloss Březnice (Foto: CzechTourism)

Etwa 80 Kilometer südlich von Prag liegt das Städtchen Březnice. Das dortige Renaissanceschloss ist wortwörtlich in die Geschichte eingegangen. Denn dort spielte sich nicht nur die erste Begegnung zwischen Philippine Welser und Erzherzog Ferdinand II. ab, sondern die beiden haben eben in Březnice im Jahr 1557 auch heimlich ihre Ehe geschlossen.

Schloss Březnice  (Foto: CzechTourism)
Wenn man aus dem Zug in Březnice aussteigt, ist das Schloss schnell zu erreichen. An der historischen Bierbrauerei vorbei gelangt man direkt ins Schlossareal. Die erste Erwähnung von Březnice stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Damals führte durch den Ort am Fluss Vlčava der Goldene Steig, der auch „Semita Aurea“ genannt wurde. Dieser Handelsweg verband Prag mit Passau. An der Kreuzung des Goldenen Steigs mit anderen Handelswegen entstand ein Marktflecken mit einer gotischen Festung – eben Březnice. Robert Barták ist Kastellan des örtlichen Schlosses. Bei der Führung macht er auf das Modell der früheren Festung aufmerksam:

Wappen der Familie Buzic
„Die gotische Festung bestand aus einem einstöckigen Gebäude, dem so genannten ´nördlichen Palast´, den eine Befestigung umgab. Die Festung ist mit dem alten böhmischen Adeligengeschlecht Buzic verbunden. Zu den Vorfahren der Familie Buzic soll der legendäre Bivoj gehört haben. Im Wappen hatten die Buzic einen Wildschweinkopf.“

Bivoj ist ein legendärer Held der alten böhmischen Sagen. Er soll nur mit den Händen ein Wildschwein gefangen und es Fürstin Libussa gebracht haben. Dafür durfte er ihre Schwester Kazi heiraten. Den Chronisten zufolge soll darum Bivojs Sohn Rodislav einen Wildschweinkopf im Wappen gehabt haben – genauso wie die Buzic, die im Unterschied zu Bivoj und Kazi jedoch historisch belegt sind. Die Festung gehörte den Buzic´ bis 1415, als die Familie Zmrzlík sie kaufte, erzählt der Kastellan:

Benedikt Ried
„Petr Zmrzlík von Svojšín war der oberste Münzmeister des Königreichs Böhmens. Er war zudem ein guter Freund des Kirchenreformers Jan Hus. Dies geht aus einem Brief hervor, den ihm Hus kurz vor seinem Tod geschrieben hat. Da sich auch die Erben von Petr Zmrzlík den Hussiten anschlossen, wurde die Burg in Březnice während der Hussitischen Kriege zweimal von den katholischen Truppen angegriffen. Anfang des 16. Jahrhunderts ging Březnice an die Familie Malovec von Chýnov und Vimperk über. Petr Malovec lud den namhaften Architekten Benedikt Ried von Piesting nach Březnice ein. Er baute hier die äußere Befestigung. Sie bestand aus einigen Bastionen, die später überdacht wurden. Benedikt Ried beteiligte sich auch am Bau des unweit gelegenen Schlosses in Blatná und zudem am Bau des Wladislav-Saals auf der Prager Burg.“

Foto: Alena Palečková
Die Malovec konnten Březnice nicht lange halten. Nachdem sie 1547 am Aufstand gegen den böhmischen König Ferdinand I. teilgenommen hatten, wurde ihr Eigentum konfisziert.

Jiří Lokšan von Lokšany war der neue Besitzer von Březnice. Er hat die heutige Gestalt des Schlosses bedeutend beeinflusst. Das Schloss sieht noch fast so aus, wie es im Renaissancestil unter den Lokšans umgebaut wurde. Damals wurde es auch mit den Sgraffiti geschmückt, die in den 1990er Jahren restauriert wurden. Jiří Lokšan gründete im Schloss eine Bibliothek, die heute die älteste erhaltene Schlossbibliothek in Tschechien überhaupt ist. Auf Einladung von Kateřina von Lokšany kam auch Philippine Welser zu Besuch nach Březnice. Jiří Lokšan sei überhaupt eine bedeutende Persönlichkeit gewesen, sagt der Kastellan:

Familienporträt von Jan Josef Jeníšek von Újezd mit dem kleinen František  (4. von links)
„Er war unter anderem Sekretär von König Ludwig Jagiello und später auch von Ferdinand I., zudem war er auch Reichshauptmann. Die Enkelsöhne von Jiří von Lokšany nahmen aber am Aufstand der böhmischen Stände teil. Sie flüchteten mit Friedrich von Pfalz aus Böhmen. Das Eigentum der Familie wurde beschlagnahmt. Das Schloss kaufte danach Přibík Jeníšek von Újezd. Er war königlicher Prokurator beim Prozess gegen die Teilnehmer des Aufstands, die am 21. Juni 1621 auf dem Altstädter Ring in Prag hingerichtet wurden.“

Auf einem großen Gemälde im ersten Saal des Schlosses ist die Familie von Jan Josef Jeníšek von Újezd abgebildet, der acht Kinder hatte. Auf dem Bild ist auch der jüngste Sohn František zu sehen, um den sich eine Sage rankt. Als Erwachsener war er kaiserlicher Offizier und wurde von den Türken gefangen genommen, erzählt Robert Barták.

Schloss Březnice
„Er verbrachte 25 Jahre in türkischer Gefangenschaft, bevor es der Familie gelang ihn loszukaufen. Das notwendige Geld – 1000 goldene Dukaten – stammte aus einem Schatz, den die Frau des Gefangenen angeblich im Schlosspark gefunden haben soll. Dort, wo sie diesen Schatz fand, ließ sie ein blaues Kreuz aufstellen. Dieses Kreuz steht bis heute im Park. Als František aus der Gefangenschaft zurückkam, ließ er einige Gegenstände herstellen, die ihn an die traurigen Jahre erinnern sollten. Es handelte sich um Speibecken, die die Form türkischer Turbane hatten. Einige davon sind bis heute im Schloss ausgestellt. Wenn er sich an die Gefangenschaft erinnerte, konnte er diese Speibecken benutzen und symbolisch auf die Köpfe seiner früheren Kerkermeister spucken.“

Die Führung durch das Schloss endet allerdings nicht bei den Speiköpfen von František Jeníšek von Újezd. Wir werden sie daher in der nächsten Ausgabe des Reiselandes fortsetzen. So gibt es in Březnice einige Exponate, die an die berühmteste Besucherin des Schlosses, Philippine Welser, erinnern. Zudem lassen sich einige mit Originalmöbeln eingerichtete Gemächer begehen und die umfangreiche Ahnengalerie der Schlossbesitzer bewundern.

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