Vom Gerberhaus zur Kammergalerie: „U Schelů“ in Budweis

Foto: Martina Schneibergová

Die südböhmische Kreisstadt České Budějovice / Budweis wird nächstes Jahr 750 Jahre alt. An den Ruhm der einst einflussreichen Königstadt erinnern zahlreiche Sehenswürdigkeiten, das ganze historische Stadtzentrum ist eine Denkmalschutzzone. Dort befinden sich der Přemysl-Ottokar-Platz mit dem Samson-Springbrunnen, der Piaristenplatz, das Dominikanerkloster oder die Kathedrale Sankt Nikolaus. Im historischen Stadtkern von Budweis gibt es weitere Baudenkmäler und malerische Winkel, die die Aufmerksamkeit der Besucher verdienen.

Gässchen Panská mit dem Rabstein-Turm  (Foto: Martina Schneibergová)
Im historischen Stadtzentrum von Budweis folgt das Gässchen Panská in etwa dem Lauf des Mühlbachs / Mlýnská stoka. In einem der 26 kleinen Häuser, die in der Panská stehen, gleich gegenüber dem Rabstein-Turm, befindet sich eine Galerie. Im Schaufenster sind Gemälde, Graphiken und Plastiken zu sehen. Im Sommer kann man auch in den kleinen Hof reinschauen. Die Kammergalerie ist benannt nach den Besitzern des Hauses: „U Schelů“, also zu den Schels. Das Häuschen habe sie mit ihrem Mann vor etwa 20 Jahren gekauft, erinnert sich Galeriebesitzerin Alena Schelová:

„Damals gab es aber diesen Eingangsraum noch nicht, es stand hier nur der hintere Teil des Hauses. Vor dem Haus standen zwei Garagen, die der Stadt gehörten. Zum Glück aber gibt es zu allen historischen Gebäuden im Stadtzentrum Dokumente über deren Baugeschichte. Darum wussten wir, dass das Haus früher noch weitere Räume hatte. Es gelang uns dann, die Garagen der Stadt abzukaufen. Nachdem wir sie abgerissen hatten, stießen wir auf die Fundamente des ursprünglichen Gebäudes. Und auf diesen Fundamenten haben wir den fehlenden Teil des Häuschens wieder aufgebaut.“

Alena Schelová  (Foto: Martina Schneibergová)
Dort, wo heute die Straße Panská liegt, gab es früher eine Siedlung, die noch vor der Stadt Budweis gegründet wurde. Den Archivdokumenten zufolge ließen sich an diesem Ort diejenigen nieder, die Budweis gebaut haben sollen, erzählt Alena Schelová. Sie weiß auch mehr über die Geschichte ihres Häuschens:

„Es gelang uns, im Budweiser Archiv eine Kopie des Kaufvertrags aus dem Jahr 1542 zu finden, als ein Gerber einem seiner Kollegen dieses Haus verkaufte. Wir haben im Archiv auch ein Foto des Hauses gefunden aus der Zeit, bevor der vordere Teil abgerissen wurde. Wir hatten keine Probleme mit den Denkmalschutzexperten, als wir das Haus wieder aufgebaut haben. Denn sie haben uns empfohlen, es so nachzubauen, wie es auf dem alten Foto ausgesehen hat.“

Im Innenhof der Galerie  (Foto: Martina Schneibergová)
Die früheren Besitzer des Hauses waren meistens Gerber. Denn in der Straße unweit des Mühlbachs haben einst vor allem diese Lederproduzenten gewohnt. Sie mussten das Leder oft mit Wasser spülen und dafür war der in der Nähe fließende Mühlbach gut geeignet. Neben Gerbern haben sich in diesem Stadtteil auch viele Keramiker niedergelassen, erzählt Alena Schelová:

„Wenn man sich den historischen Teil der Galerie ansieht, bemerkt man, dass sich das Gewölbe am anderen Ende des Raumes um fast 40 Zentimeter hebt. Dies zeugt davon, dass hier einst ein Ofen war, den die Keramiker für die Herstellung ihrer Waren gebraucht haben. Viele Keramikscherben fanden wir bei den Bauarbeiten im Gewölbe, sie wurden dort als eine Art Isolierungsmaterial benutzt.“

Foto: Martina Schneibergová
Die Geschichte der 26 Häuser in der Straße Panská war auch Thema einer Ausstellung, die Alena Schelová in ihrer Galerie vor einigen Jahren zeigte. Dazu hatte sie die Besitzer der anderen Häuser gebeten, ihr Fotos oder andere Dokumente zu leihen, die sie eventuell noch von den Vorfahren hatten. Zudem hat ihr das Stadtmuseum, das Archiv sowie die Südböhmische Galerie einige alte Bilder geliehen, auf denen jene Häuser abgebildet waren, die heute ganz anders aussehen.

Auf die Idee, eine Galerie in ihrem rekonstruierten Haus einzurichten, kam Alena Schelová vor etwa 15 Jahren:

Foto: Martina Schneibergová
„Aus dem Erdgeschoss im ersten Raum führte keine Treppe in die erste Etage. Darum habe ich zuerst mit meinem Mann daran gedacht, hier einen kleinen Laden einzurichten. Da wir beide eine enge Beziehung zur Kunst haben – ich habe ursprünglich Kunst studiert – entschieden wir uns, hier eine Galerie zu errichten. Aber es sollte so eine Art Kammergalerie sein, nur damit wir Freude daran hatten.“

In ihrer Galerie bieten Schels vor allem Werke an, die ihnen selbst gefallen. Sie bestehen darauf, dass es Werke von hoher Qualität sind, sagt die Galeristin:

„Wir sind inzwischen in Budweis bekannt geworden. Die Galerie haben wir schon 14 Jahre. Sie ist aber keine reine Verkaufsgalerie, wir sind wahrscheinlich die einzigen Privaten in Budweis, die regelmäßig Ausstellungen veranstalten.“

Foto: Martina Schneibergová
In den nächsten Tagen wird dort die so genannte ´Frühjahrsausstellung´ eröffnet, in der eine Auswahl von Werken verschiedener Künstler zu sehen sein wird. Dann folgt eine Fotoausstellung von Stanislava Brůhová und schließlich werden Werke des international anerkannten tschechischen Malers, Grafikers und Illustrators Jiří Anderle in der Kammergalerie gezeigt, erzählt Alena Schelová:

„Die Besucher kommen immer wieder in unsere Galerie. Denn alle fünf Wochen haben wir hier eine neue Ausstellung, es sieht hier dann anders aus, und die Leute wollen das sehen. Die Besucherzahlen hängen davon ab, was für Künstler wir hier vorstellen. Die Ausstellung des Bildhauers Olbram Zoubek haben voriges Jahr über 2000 Menschen besucht. Insgesamt haben im vergangenen Jahr rund 15.000 Leute die Galerie besucht. Bei den Vernissagen haben wir oft Problem damit, dass nicht alle Besucher in die Räume reinpassen. Bei gutem Wetter organisieren wir die Vernissage deshalb draußen. Wenn es um eine besonders interessante Ausstellung geht, bauen wir sogar ein kleines Podium auf, draußen vor dem Rabstein-Turm. Dort spielt sich dann die Vernissage ab.“

Foto: Martina Schneibergová
Auch in diesem Jahr rechnet Alena Schelová damit, dass eine der Vernissagen draußen auf dem Podium stattfinden wird. Jedes Jahr nimmt die Galerie an den Tagen der Französischen Kultur in Budweis mit einer Ausstellung teil und der so genannte „Französische Herbst“ wird wahrscheinlich vor der Galerie eröffnet. Zu Besuch kommen zweifelsohne auch Vertreter aus der Bretagne, sie ist Partnerregion des Südböhmischen Kreises. Eine Ausstellung mit dem Titel „Rückkehr in die Bretagne“ stellt Alena Schelová bereits für den April zusammen. Gezeigt wird sie im Museum in der Stadt Vodňany.

„Zu unserer Galerie gehört ein Verein, der etwa 40 Mitglieder hat. Etwa 20 davon sind Künstler und Fotografen. Wir sind alle Bewunderer der Bretagne. Im Juni werden wir mit den Künstlern wieder dorthin reisen. Ich war seit 2005 bereits elfmal dort. In der Ausstellung in Vodňany werden wir Gemälde, Plastiken, Fotografien und Glas zeigen – und alles ist von der Bretagne inspiriert.“

Foto: o. s. Hortensia
In der Ausstellung werden natürlich auch Gemälde von Alena Schelová selbst nicht fehlen. Die Künstlerin und Galeristin hat übrigens auch ein Büchlein über die Bretagne geschrieben.

Die Kammergalerie U Schelů befindet sich im Stadtzentrum von Budweis in der Straße Panská Nr. 7. Sie ist Montag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr und am Samstag von 10 bis 12 Uhr geöffnet.

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