Der EU-Kommissar für Arbeit und Soziales, Vladimir Spidla, sieht Europa
am Anfang einer notwendigen Debatte über die Sozialpolitik. Die
britische EU-Ratspräsidentschaft habe mit ihrer Einladung zu einem
Gipfeltreffen über die Zukunft des europäischen Sozialmodells an diesem
Donnerstag auf Schloss Hampton Court bei London eine entscheidende
Diskussion angestoßen. "Der Impuls, den Premierminister Tony Blair
gegeben hat, ist sehr wichtig", sagte Spidla der Deutschen
Presse-Agentur (dpa) in Brüssel. Die verbreitete Kritik an der
britischen Sozialpolitik betrachtet Spidla dabei nicht als Hemmnis. Es
sei "egal", unter welchem EU-Ratsvorsitz über die Sozialsysteme in
Europa gesprochen werde: "Das ist die Frage der Zeit", meinte der
Kommissar. Allerdings erwartet Spidla in Hampton Court auch harte
Auseinandersetzungen über den richtigen Weg: "Die Zukunft ist so
kompliziert, dass man sich immer streiten wird." Europa verfüge über
gemeinsame Werte. Dazu gehöre der soziale Zusammenhalt der
Gesellschaft. Die 25 Mitgliedstaaten wählten aber unterschiedliche
Instrumente, um diese Werte zu verwirklichen: "Das ist wie ein
Schönheitswettbewerb zwischen den verschiedenen nationalen Modellen",
meinte der frühere tschechische Regierungschef. Spidla betonte, soziale
Sicherheit sei die Voraussetzung für Flexibilität. "Unser Problem ist
nicht die Globalisierung", meinte der Kommissar. "In gewisser Weise
haben wir die Globalisierung erfunden." Das Problem seien die schnellen
Änderungen: "Das macht die Gesellschaft nervös." Man müsse der
Globalisierung daher "europäische Züge" geben. Von der Sozialdebatte
erhoffe er sich zudem Impulse für den Kommissionsvorschlag, einen Fonds
zur Hilfe bei großen wirtschaftlichen Umbrüchen einzurichten, sagte
Spidla.